Es gibt Kinderbücher, die sind so schön und witzig geschrieben und illustriert, dass man sie selbst als Erwachsener gerne immer wieder und wieder liest. Das ist insofern praktisch, als dass die Kinderleins ohnehin gerne Geschichtenlesen in Dauerschleife verlangen. Immer das gleiche Buch, versteht sich.
Der schaurige Schusch, soeben im Ravensburger Buchverlag erschienen, ist ein solches Highlight.
Dabei gerät die Welt erstmal ganz schön aus den Fugen. Im Simmerlgebirge schickt sich nämlich eine fürchterliche Veränderung an. Auf dem Doggelspitz, bewohnt vom scheuen Huhn, dem bockigen Hirschen, der garstigen Gams, dem mauligen Murmeltier und dem Party-Hasen soll es nämlich einen neuen Nachbarn geben: den Schusch. Und der soll gar zu schaurig sein, so erzählt man es sich zumindest. Und alle sind sich einig: So einer gehört hier nicht her. Der soll bloß wegbleiben! Weil, man weiß ja: Der Schusch ist ein ganz grausamer Geselle – riesengroß und unanständig, und am allerliebsten mag er Hasenbraten.
Dann zieht der Schusch ein und die Berg-Bewohner, die freilich bisher noch wenig anderes gesehen haben als die kleine, überschaubare Welt des Dogglspitz, überlegen krampfhaft, wie sie ihn am besten wieder loswerden. Auf keinen Fall in seine Nähe kommen!
Dann aber lädt der Schusch alle zu seiner Einweihnungsparty ein. Was tun? Nicht hingehen natürlich – logo! Doch was tut der Party-Hase, die alte Rampensau? Spaziert einfach hinein zum Schusch und ward nicht mehr gesehen. Gefressen, natürlich. Da sind sich alle sicher. Denn man weiß ja, dass Hasen die Leibspeise des Schusch sind! So ein dummer Hase aber auch. Selbst schuld ist er. Jawohl!
Der Rest des Buches ist dann natürlich ein Lehrstück für Toleranz und gegen Vorurteile. Denn natürlich ist der Schusch völlig anders. Natürlich isst er keine Hasen. Klein und süß ist er und ein toller Gastgeber. Das merken die Dogglspitzer dann auch ziemlich schnell.
Und die Moral von der Geschicht? Die ist auch den kleinen Lesern klar: Vorurteile sind meistens ziemlich unwahr und ziemlich dumm. Und wenn man jemanden nicht kennt, dann muss man ihn erstmal kennenlernen, um sich selbst ein Bild zu machen. Nachplappern gilt nicht. Und das ist eine, wie ich finde, ganz wunderbare Message.
SCHNELLCHECK
Welches Alter?
Geeignet ab 3 Jahren. Die kleine Madame (3,5 Jahre) kann es tatsächlich schon sehr gut verstehen und hat das Buch zu ihrem aktuellen Favoriten auserkoren.
Erwachsenen-Spaßfaktor?
Sehr hoch. Während die Kleinen das Buch natürlich in ihrer eigenen Erlebniswelt aufnehmen und sich mit den sehr liebevoll gezeichneten Charakteren wie Murmeltier, Hase oder Huhn auseinander setzen, finden Erwachsene viele Details, die in die Illustrationen eingearbeitet sind. Da hängt dann beispielsweise kein Hirschgeweih an der Wand sondern der Kopf des Jägers. Und die Message – keine Macht den Vorurteilen – ist sowieso unabhängig vom Alter.
Meine Lieblingsfigur:
Ganz klar: Der Party-Hase. Der ist der Star der Geschichte! Und einmal mehr sieht man: Leute mit Spaß am Leben haben mehr davon. Und können den Miesepetern und Zauderern immer wieder vormachen, wie es geht. Genau so nämlich wie hier: Party on!
Warum empfehlenswert?
Weil das Buch eine tolle Mischung aus einer Geschichte mit Tiefgang und überaus witzigen Illustrationen bietet. Für meine „Bergziegen“-Familie ist es nochmal toller, denn Tiere wie Gams und Murmeltier sind gerade ohnehin die absoluten Lieblinge der kleinen Madame, und der Schauplatz in den Bergen passt also perfekt. Schön ist vor allem, dass das Ganze mit einem Augenzwinkern und ohne den erhobenen Zeigefinger erzählt wird, den wir zu gut aus anderen Geschichten kennen (ich sag nur: Leo Lausemaus *urgghhhh*). Am Ende denkt man sich: Oh, das war jetzt aber schön. Und fängt freiwillig an, gleich nochmal von vorne zu lesen.
Im Übrigen finde ich, dieses Buch sollte mal kostenlos auf Pegida-Veranstaltungen verteilt werden. Denn was Kinder sofort verstehen, muss man Erwachsenen ja leider manchmal erst mühsam beibringen. Und allzu oft fruchtet es nie. Vielleicht hülfe ja ein Kinderbuch. Wer weiß.
In diesem Sinne: Seid mehr Party-Hase!
SaBine Büchner, Charlotte Habersack: Der schaurige Schusch. Ravensburger Buchverlag, 2016.
Vielen Dank an Ravensburger für das kostenlose Exemplar! Es war eines der Mitgebsel im Rahmen unseres Blogger-Events der Münchner Mom Blogger vor knapp zwei Wochen im Kinderkunsthaus Schwabing.