Vor einiger Zeit fragte mich meine gute Freundin N., wie sehr sich denn eine Beziehung durch ein Kind ändere. Dass es anders wird, das wissen wir alle. Wir können nur nie abschätzen, wie es genau aussehen mag, wenn da plötzlich noch jemand ist. Ich dachte zu den noch kinderlosen Zeiten immer daran, dass das viele Reisen dann erst einmal ein Ende hat. In ein Malaria-Gebiet mit Kind, das geht eben nicht. Drei Wochen Backpacking durch Südostasien? Vorbei. Und klar, das Ausgehen. Absturz-Abende in den Kneipen ums Eck (davon gibt es hier einige): passé. Kann man eben nicht mehr machen, und zu zweit schon gar nicht.
Ja, sage ich zu N., das geht eben nicht mehr so gut. Aber die eigentliche Veränderung, die geschieht im Kleinen. Es wäre vermessen zu sagen, dass bei uns immer alles Friede-Freude-Eierkuchen ist. Es knirscht, manchmal auch gewaltig. Aber es sind gar nicht die ganz großen Themen, weswegen Frust aufkommt. Es geht gar nicht so sehr darum, dass der eine feiern geht und der andere zuhause bleiben muss. Oder dass ich mich jetzt nicht mehr einfach in den Flieger setzen kann und spontan nach New York jetten.
Es geht vielmehr um Situationen wie diese, vermutlich ein Klassiker: Mann kommt abends nach Hause, ist müde vom Arbeitstag, macht eine kleine Randbemerkung à la „Essen immer noch noch nicht fertig … Was denn, die Wäsche ist noch in der Maschine? … Hm ich hatte mich so sehr auf was Warmes zu essen gefreut“ … Sagt es und schmiert sich erst mal hastig ein Käsebrot, als Zeichen dafür, wie hungrig er ist. Frau versteht darunter, natürlich: Jetzt bist du schon den ganzen Tag zuhause und schaffst es trotzdem nicht, das Essen/die Wäsche/… rechtzeitig fertig zu bekommen? Und ist eingeschnappt bis wütend. Er ebenfalls, weil er es ja gar nicht so gemeint hat. Und ist nun aber angefressen, weil sie immer so empfindlich ist.
Solche Situationen gibt es wohl zu tausenden, mal mehr mal weniger schlimm. Ja, auch bei uns gab es schon Tränen. Und ja, ich finde, das darf man auch ruhig zugeben. Es bringt nichts, wenn man mit falschen Vorstellungen in diesen neuen Lebensabschnitt startet. Denn es wird anders, garantiert. Vorher waren wir zwei Individuen, die jeder für sich frei in ihrem eigenen Kosmos schwebten. Alles war leicht und luftig und wenn man wollte, ging man sich einfach mal aus dem Weg und machte sein eigenes Ding. Das geht jetzt nicht mehr so einfach, zumal mit einem noch sehr kleinen Kind. Mag sein, dass es irgendwann auch wieder einfacher wird, wenn man seinen Tag wieder freier selbst gestalten kann, wenn der Nachwuchs älter und selbständiger wird.
Aber wieso warten, bis das passiert? Man kann das auch lernen. Vor allem die Mütter. Nicht zu sehr am heimischen Stuhl zu kleben und wirklich auch einmal alleine (!) rauszugehen. Alleine heißt: ohne Kind. Sei es zum Sport, sei es zum Ratsch mit der Freundin. Am besten mit einer, die keine Kinder hat. Wie erholsam ist ein Abend mit guten Getränken, an dem NICHT über Kinder gesprochen wird. Ich fühle mich danach immer total beschwingt. Und irgendwie ist es dann fast wie damals, in den Vor-Kind-Tagen. Zu zweit mit dem Partner ausgehen erfordert da schon ein bisschen mehr Logistik. Und einen Babysitter. Aber auch das geht! Man muss ja auch gar nicht mal groß essen gehen – einfach auf ein Bier in die Kneipe ums Eck, das ist doch auch schon mal eine Idee. Wo man dann mal in Ruhe quatschen kann, ganz abseits von Windeln, Wickeln und Fläschchen machen.
Ich weiß, der Drang einfach alles laufen zu lassen ist groß. Klappt schon irgendwie. Aber es wird nicht besser, wenn man Ärger und Frust runterschluckt und sich denkt, es werden schon wieder bessere Zeiten kommen. Die Rate der Paare, die sich im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes trennen, ist hoch. Wenn auch die Gründe immer individuell sein mögen und man nie weiß, ob es nicht vorher auch schon Probleme gab: Ich glaube, vielen Paaren gemeinsam sind die falschen Vorstellungen, die man vom Familienleben hat. Irgendwie klebt da diese Idealvorstellung in einem drin, dass alles immer supertoll und harmonisch sein muss. Ist es aber nicht. Das habe ich auch N. gesagt. Und es ist wichtig, dass man drüber spricht. Es gibt so viele Tabu-Themen, die mit dem Thema Kinderkriegen verknüpft sind, die einem im Vorfeld keiner ehrlich sagt. Dass Beziehungen auf durchaus harte Proben gestellt werden, gehört sicherlich dazu.
Was mir immer hilft, wenn ich mal frustriert bin: Sich in den anderen reinversetzen. Statt beleidigt zu sein, versuche ich zu lernen, auch die andere, seine Seite zu sehen. Wie war das jetzt überhaupt gemeint? Hat er das einfach ohne Hintergedanken gesagt, und ich habe es einfach nur in den falschen Hals bekommen? Und dann einfach mal durchatmen, kurz an was anderes denken. Schon geht es besser. Und, ganz wichtig: Drüber reden. Am besten aber nicht in der ersten, eingeschnappten Emotionalität. Sondern später, dann aber sachlich. Denn runterschlucken macht alles noch viel schlimmer. Offenheit dagegen klärt vieles.
Und, übrigens, seitdem ich wieder arbeite, ist alles auch schon wieder anders. Ich leide nicht mehr so sehr unter dem „Hausfrauendruck“, den ich wohl meist nur selbst so empfunden habe (und mich dann immer selbst in Frage stelle – was habe ich eigentlich den ganzen Tag getan?). Der Tag ist geplanter und strukturierter. Und ich habe es schwarz auf weiß, was ich getan habe. Das mag ein Trugschluss sein, weil ich natürlich doppelte Arbeit habe (der Haushalt und das Kind bleiben ja trotzdem). Aber ich fühle mich in meiner Rolle wieder wohler. Ich bin wieder ich. Das entspannt ungemein. Und das tut auch der Beziehung gut.
6 comments
Liebe Daniela, Ja stimmt, hast recht. Wobei diese Art von Diskussion hier nie so exzessiv geführt wurde. Ich muss außerdem zugeben, dass es sicherlich noch anstrengender mit einem „normalen“ Büro-Job ist … ich sitze hier ja in meinem stillen Kämmerlein und kloppe Texte. Die Flexibilität macht einiges einfacher … Liebe Grüße zurück!
Was du deiner Freundin N auch nicht verschweigen darfst,sind die Diskussionen darüber, wer müder ist, eine Pause dringender bräuchte und warum. Die grosse Erschöpfung…
Mir kommt alles viel anstrengender vor seit ich wieder arbeite. Aber ja, irgendwie fühle ich mich auch etwas mehr wie früher.
Sei lieb gegrüßt!
Ich glaube, dass wir gar nicht soweit auseinanderliegen.
Vielleicht hast du Lust mal anzurufen!
Ganz liebe Grüße
Ja, liebe Ruth, das mache ich gerne :-) viele liebe Grüße nach Wiesbaden!
Im Moment meines Lebens glaube ich, dass es erstmal wichtig ist herauszufinden, was m e i n schlechtes Gefühl oder meinen Ärger verursacht hat. Bevor ich mich in den anderen versuche hineinzuversetzen, was sehr schwierig ist, versuche ich mich in m i c h hineinzuversetzen, was mindestens genauso schwierig ist.
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Liebe Ruth, ja stimmt. Aber ich habe gemerkt, dass es auch mal ganz gut ist, ein wenig inne zu halten und sich zu überlegen, ob der Ärger nur aus einem selbst kommt und der andere vielleicht gar nichts damit zu tun hat. Aber jede Situation und jede Partnerschaft ist ja anders. Bei mir hilft das! Sich vor Augen zu halten, dass man sich auch selbst verändert hat und nicht nur die Fehler beim anderen zu suchen. Mit geht es ja vor allem um die neue Lebenssituation mit Kind … da ändert sich so vieles in der Partnerschaft. Damit muss man erst einmal lernen umzugehen. Liebe Grüße!