Dieser Text erschien im September 2018 als Kolumne im Zwergerl Magazin. Der werde ich ab sofort regelmäßig über den alltäglichen Wahnsinn berichten, den das Leben mit Kindern eben so mit sich bringt. Das Tolle ist ja: Es ist ein schöner Wahnsinn, den ich zugegebenermaßen überhaupt nicht mehr missen möchte. Und deswegen habe ich mir im ersten Teil der Serie direkt mal Gedanken darüber gemacht, welche Kurven und überraschenden Umwege ich in meinem Dasein als Mutter schon genommen habe und jeden Tag aufs Neue wieder meistere.
Wenn es eine Konstante gibt, die das Leben mit Kindern kennzeichnet, dann ist es wohl die, dass immer alles anders kommt als gedacht. Es gibt dieses schöne Song-Zitat von John Lennon: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“. Nach nun sechs Jahren als Mutter ist mir der Spruch durchaus schon das ein oder andere Mal in den Kopf und auch über die Lippen gekommen.
Alles nur eine Episode?
Kürzlich spuckte mir Facebook eine dieser „Erinnerungen“ aus. Ein Foto, aufgenommen an meinem letzten Arbeitstag vor dem Mutterschutz mit meiner Tochter: Zwei Papierkörbe randvoll gestopft mit dem, was so übrig bleibt, wenn man zusammenräumt und Platz macht für etwas Neues. Ich war damals allerdings sicher: Ich kehre ganz schnell wieder dorthin zurück und dann geht wieder alles so weiter wie immer. Die Babypause – nichts weiter als eine kurze Episode.
Sechs Jahre später bin ich noch nicht zurückgekehrt, habe dafür noch zwei weitere Kinder bekommen und viel gelernt. Dass es eben nicht so weitergeht „wie immer“. Dass dein Leben durch ein Kind eine komplette 180-Grad-Wendung hinlegen kann. Und dass dieses Neue so unglaublich schön ist, dass ich es nie wieder eintauschen möchte.
Geradeaus? Von wegen. Serpentinen trifft es eher.
Machen wir uns nichts vor. Kinder zu haben, kann unglaublich anstrengend sein. Gerade weil das Leben nicht immer geradlinig verläuft. Kinder haben ihren eigenen Kopf, manchmal sind sie wild und laut und machen Dinge, die man als Erwachsener beim besten Willen nicht verstehen kann und will.
Aber wenn wir uns darauf einlassen, dass man eben auch mal einen Umweg machen muss, weil es da drüben „gerade so viele Pusteblumen gibt“ – dann kann man von Kindern auch sehr viel lernen.
Beispielsweise die schnöde Weisheit, dass man eben nicht immer einen Plan haben muss. Dass man Pläne auch einfach mal umschmeißen kann. Im Großen wie im Kleinen. Kinder haben diese umwerfende Gabe, auf das, was in ihrer Umgebung passiert, unmittelbar zu reagieren. Diese Gelassenheit beneide ich und ich versuche, mich immer wieder zu ermahnen, sie auch zuzulassen.
Die Wahrheit ist allerdings auch: Diese Gelassenheit an den Tag zu legen ist mitunter harte Arbeit. Weil natürlich immer was schief läuft. Und wer muss es ausbaden? Richtig geraten.
Es kommt immer anders. Da muss du durch.
So wie kürzlich am Badesee. Die großen Kinder plantschten am Wasser, das Baby schlief im Kinderwagen. Perfekt eingefädelte Mummy-Me-Time. Sogar der Kaffee vom Kiosk war schon besorgt. Leider hatte ich die Rechnung ohne die Biene gemacht, in die der große Bub trat, noch bevor ich einen Schluck von diesem Kaffee hätte nehmen können. Der Rest ist schnell erzählt. Natürlich fuhren wir sofort nach Hause und der Bub kämpfte noch tagelang mit seinem geschwollenen Fuß. Mama-Auszeit fürs Erste gestrichen. Seufz.
Aber es gibt ja zum Glück noch andere Mama-Weisheiten: „Es kommt, wie es kommt“ beispielsweise. Ich finde, das bringt den Pragmatismus, den man sich als Eltern schnell angewöhnen muss, ziemlich gut auf den Punkt. Zusammen mit dieser ominösen Gelassenheit, an der ich nach wie vor arbeite, ist der ein ziemlich gutes Team.
Da nehm ich dann gerne auch mal den Umweg. Aber nur den mit den Pusteblumen.
Foto: Jenn Evelyn-Ann / Unsplash