Nun sind ja Weihnachten und Neujahr vorbei und damit auch die große Schlemmerei zum Jahreswechsel. Was bleibt, sind kneifende Jeans oder zumindest das Gefühl, dass man schon mal schlanker und fitter war. Hurra, hurra, die Diät-Saison ist wieder da.
Es ist die Zeit der guten Vorsätze, der unreflektierten Anmeldungen beim Fitnessstudio und eifrig gekochten Kohlsuppen. Und man kann getrost sagen, dass sich das auch alles ganz schnell wieder gibt (den Vertrag mit dem überteuerten Fitnessstudio hat man dann leider noch zwei Jahre an der Backe). Aber man macht sich halt trotzdem Gedanken. Ich bleibe auch nicht davon verschont: Mein E-Mail-Postfach ist derzeit voll von Newslettern, die mir vieles versprechen („So einfach und lecker machst du deine Vorsätze wahr“ (Abnehmprogramm von Detlef D. Soost) … „2014 gibt es keine Ausreden mehr fürs schlank und sexy sein“ (Abnehmprogramm von Verona Pooth – wobei ich mich gerade frage: müsste es nicht heißen: … fürs NICHT schlank und sexy sein?), die Myself bietet mir eine Teilzeitdiät an (nur an 3 Tagen in der Woche fasten, an den anderen zuschlagen) und die anderen Frauenmagazine werden sicherlich auch noch nachziehen.
Ich bin ja direkt die richtige Zielgruppe. Ich bin eine Frau und ich hadere immer noch mit meinem Gewicht nach der Schwangerschaft, wobei ich stolzerweise verkünden kann, dass zumindest das Gröbste überstanden ist (mein Hochzeitsdirndl passt wieder! ein großer Moment, ich musste fast heulen). Ich mache gerne Sport, habe aber immer zu viele andere Dinge im Kopf und manchmal auch einfach keine Lust, ich gebe es zu. Da kommen verlockende Angebote à la „In zehn Wochen zum Traumbody“ gerade recht.
Jetzt gibt es bei diesen ganzen Programmen, die man mittlerweile online und interaktiv abonnieren kann (sehr praktisch, aber natürlich auch mit Kosten verbunden) einen neuen Spieler auf dem Rasen der Diätarena und zwar das Programm „Month 11“, das von Charlotte Würdig, Moderatorin, Frau von Rapper Sido und seit einigen Monaten auch Mama, mitentwickelt wurde.
An sich eine super Idee dachte ich, als ich das kürzlich mit halbem Auge irgendwo las. Sie springt auf den Zug auf und sucht sich aber eine Nische, mit der man sicherlich auch Geld verdienen kann, weil die Nachfrage einfach da ist: Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder wieder in Form kommen wollen. Nun habe ich mir einmal die Details angesehen. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich entsetzt, wie das verkauft wird.
Da stellt sich Frau Würdig hin, zeigt ihren nun wieder wohlgeformten Bauch und rühmt sich dafür, vier Monate nach der Geburt ihres Kindes wieder in Kleidergröße 34 zu passen. Schön und gut, das tun andere auch, einige sogar ganz ohne Diät. Das kann sie ja auch ruhig machen und es ist ihr gutes Recht, ihren Namen dafür zu nutzen, ein solches Programm zu promoten.
Aber, meine Güte: das Kind ist gerade einmal vier Monate alt und sie sagt in einem Interview mit BILD: „Ich habe die ersten 10 Wochen jeden Tag eine halbe Stunde Krafttraining gemacht. Auf den Tisch kam nur Eiweiß. Quark, Putenbrust. Auf Kohlenhydrate habe ich ganz verzichtet.“ Ich rechne zurück und komme darauf, dass sie ziemlich schnell nach der Geburt damit angefangen haben muss. Kann sie natürlich auch machen, wenn sie das will und mag und ihr Körper das aushält. Aber kann man sich hinstellen und das öffentlich sagen? Anderen Müttern den Spiegel vorhalten nach dem Motto: Jede, die ein halbes Jahr nach der Geburt immer noch nicht wieder topfit ist, hat verloren?
Natürlich stehen auf der Website zum Programm unter den FAQs auch Dinge wie Hebamme und Gynäkologen konsultieren, Ende des Wochenbetts abwarten etc. Hah, ich kann mir die Reaktion meiner Gynäkologin vorstellen: Sie hätte mir das um die Ohren gehauen, wäre ich wenige Wochen nach der Geburt damit angekommen. Dann lese ich auch davon, dass man täglich 30 bis 45 Minuten investieren sollte. Und dass der Spaß 299 Euro für zehn Wochen kostet.
Kurzum. Ich hätte das alles nicht gekonnt und nicht gewollt so schnell nach der Geburt. Laut BILD: „Ihr Trainingsplan: Sit-ups, Liegestütze, Kniebeugen, Hanteltraining. Jeden Tag, eine halbe Stunde lang! Plus: 10 Wochen totale Askese. Keine Süßigkeiten! Kein Alkohol! Keine Nudeln!“ Hanteltraining? Sit Ups? Askese? Hört sich nicht gerade nach Wohlfühlprogramm an. Eher ziemlich bescheuert.
Nein, liebe Charlotte Würdig, ich bin nicht überzeugt davon, tut mir leid. Ja, ich bin absolut einverstanden damit, dass man seinen Körper nicht gehen lässt. Und dass eine Schwangerschaft und das Muttersein keine Ausrede dafür ist, lebenslang schwabbelig und faul zu werden. Aber lasst doch bitte den Frauen Zeit damit, ihr Leben, ihre Gefühle, ihren kompletten Alltag neu zu ordnen. Natürlich kann jede selbst bestimmen, was sie wann für ihren Körper tut. Aber da ist ja auch noch eine winzigkleine Kleinigkeit, die nun eben da ist und alles anders macht. Und das nennt sich Kind. Das Liebe braucht und Hunger hat und in die Windeln macht und nachts schreit.
Lasst uns das doch erst einmal alles meistern, bevor wir an die bösen Kohlenhydrate denken und die Jeans in XS, die leider nicht mehr passt. Dann klappt es auch mit dem Projekt Figur. Vielleicht nicht in zehn Wochen und auch nicht vier Monate nach der Entbindung. Aber das ist uns dann einfach auch egal.
Meine kleinen Tipps fürs Sporteln mit Kind (kostenlos :-) ):
Mami-und-Baby-Yogakurse werden mittlerweile von vielen Studios angeboten. Das klappt gut in den ersten sechs Monaten, wenn die Babys noch nicht mobil sind und einfach nur rumliegen. Oftmals wird dabei auch viel Wert auf Beckenbodenübungen gelegt – ohnehin essenziell bevor man mit „härteren“ Sportarten wie dem Joggen wieder anfängt. Als Teresa älter wurde, haben wir uns bei einem Yogakurs angemeldet, bei dem es eine Kinderbetreuung gab. Gibt es auch bei einigen Pilates-Studios – für eine knackige Körpermitte ist das für mich sowieso DER Sport überhaupt.
Wer schnell fit werden möchte, dem kann ich sogenannte Boot Camps ans Herz legen. Kommt, natürlich, aus den USA und ist mittlerweile auch in deutschen Städten zu finden. Im Grunde ist das nichts anderes als ein Zirkeltraining, aber mit Schmackes. Meine Mama-Freundin A. hat es geschafft, damit innerhalb weniger Wochen und rechtzeitig zu ihrer Hochzeit wieder in Topform zu kommen. Geht mit Kind deswegen so gut, weil das Ganze meistens nur eine Stunde dauert und abends stattfindet – der Papa kann also auch mal ran an das Kind. Gibt es alternativ auch als Version mit Kinderwagen. Oder als „Buggyfit“ oder „Fit mit Kinderwagen„, da ist aber wohl die Intensität des Trainings nicht ganz so hoch (ich hab es nie ausprobiert).
Online-Fitness finde ich hört sich auf den ersten Blick etwas fragwürdig an. Trotzdem habe ich gerade einen Testmonat bei Gymondo probiert und bin recht angetan. Der Aufbau der Einheiten ist gut und die Auswahl an Kursen und Programmen recht groß. Mein Favorit sind die Express-Übungen – 10 oder 15 Minuten volle Power für bestimmte Körperregionen, sei es Bauch oder Po. Hinterher hab ich immer Muskelkater, spricht dafür, dass man da auch wirklich was arbeitet. Muss natürlich jeder selbst entscheiden, ob er es mag, in seinem Wohnzimmer herumzuturnen. Und einige Übungen scheiden von vorne herein aus, weil man so etwas wie Hanteln halt nicht immer zuhause hat.
Und dann wäre da ja noch unser Fahrradanhänger, der sich auch zu einem Jogging-Gefährt umbauen lässt. Damit habe ich schon einige Runden gedreht, er lässt sich super schieben und das Kind kommt einfach mit. Wer solch eine Luxuskarre nicht hat: Joggen ist insofern ein toller Sport, als dass man es immer einschieben kann. Auch abends, wenn der Papa zuhause ist oder am Wochenende. Und Schwimmen geht auch: Hallenbäder haben oftmals auch bis in den späten Abend hinein geöffnet. Alternativ mit anderen Mamas zusammenschließen und abwechseln – die einen passen auf die Kinder auf, die anderen gehen schwimmen.
So. Und wer keinen Sport machen möchte, der macht halt keinen. Und fühlt sich trotzdem wohl :-)
2 comments
Ich bin generell kein Fan dieser „In 10 Wochen hast du einen tollen Körper“ Versprechungen. Zugenommen, ob in der Schwangerschaft oder ohne, hat man über einen Zeitraum, den braucht man auch umgekehrt, um den Körper wieder umzupolen. Aber der, der möchte, findet definitiv einen Weg, da stimme ich dir vorbehaltlos zu ;-) liebe Grüße schickt Doris
Liebe Doris, absolut deiner Meinung. Das Problem ist auch, dass man nach den zehn Wochen keinen Zugriff mehr auf das alles hat, was man online präsentiert bekommt. Es ist ja nicht damit getan, danach kommt der Jojo-Effekt und alles ist wieder drauf. Ich bin nur selbst überrascht, wie schwer es mir plötzlich fällt, diese blöden Pfunde wieder runter zu bekommen. Das war früher irgendwie anders :-( Aber ich könnt mich echt so ärgern über dieses Bild, das einem da aufgedrückt wird – werde Mutter, aber sei bloß ganz schnell wieder in Form. Das verkennt doch total die enorme Leistung, die der Körper vollbringt, da kann man sich doch nicht gleich wieder auf Diät setzen. Vom Stillen mal ganz abgesehen, dass sich sicherlich nicht mit Kohlenhydratentzug und dem ganzen Quatsch verträgt. Das Stück Kirsch-Streusel-Kuchen heute Nachmittag hat auf jeden Fall ganz wunderbar geschmeckt :-) Liebe Grüße!