Seit ein paar Wochen ist bei uns irgendwie alles anders. Die Madame („Ich bin jetzt schon groß!“) geht in den Kindergarten. Der Bub ist jetzt ein Krippenkind. Es ging mal wieder alles so verflixt schnell, ich komme gedanklich schon wieder gar nicht hinterher. Manchmal fühlt es sich noch so falsch an, sie einfach abzugeben, die Tür hinter sich zuzuziehen und erst ein paar Stunden später wieder zurückzukommen.
Gleichzeitig genieße ich gerade wieder eine ganz besondere Art von Freiheit: Diejenige nämlich, endlich mal wieder etwas für mich tun zu können. Diese Stunden sind kostbar. Ich fülle sie mit viel Arbeit, beruflicher und privater, wobei sich da mittlerweile auch vieles vermischt. Mit schönen Dingen wie einem Friseurbesuch oder einem Abstecher zu „meinen“ Kosmetikladies vom wunderbaren Salon La Mano in der Müllerstraße hier im Viertel.
Und ich habe Zeit, mir über Dinge Gedanken zu machen, die gerade meinen Kosmos durchschwirren. Die Betreuung meiner Kinder zum Beispiel. Und wo ich da so nachdenke, da fällt mir Mary ein. Erinnert ihr euch noch an sie?
Mary Poppins war eine der Heldinnen meiner Kindheit. Der Film nudelte bei uns rauf und runter (das waren noch die Zeiten, als man Filme, die im Fernsehen liefen auf VHS-Video aufnahm und sie so lange ansah, bis das Band riss).
Mary war mega. Eine, die Dinge sagte wie: Supercalifragilisticexpialigetisch. Die fliegen konnte. Und singen! Und dann hatte sie noch diesen Supertypen von Schornsteinfeger. Die konnte einfach: Alles. Und gut aussehen war auch noch drin.
Gleichzeitig war das aber auch eine komplett andere Welt. Damals hatte das Wort „Kindermädchen“ noch einen etwas speziellen Touch. Kindermädchen hatten englische Adlige oder amerikanische Industrielle. Aber ganz sicher nicht wir Kinder auf dem Land in der badischen Provinz. Wir hatten das Nachbarsmädel als Babysitterin. Die hieß Nicole und nicht Mary, und fliegen konnte sie natürlich auch nicht. Also sahen wir uns Julie Andrews an und ihre quietschebunte Musical-Welt und träumten von Mary.
Heute ist das schon wieder alles anders. Natürlich. Im Heute haben auch „normale“ Familien Kindermädchen, die vielleicht nicht so heißen, sondern eher Nanny oder Tagesmutter. Fliegen können sie zwar auch immer noch nicht, aber sie kümmern sich liebevoll um den Nachwuchs und das gerne auch mal Vollzeit.
Ein Betreuungskonzept, das eine Alternative zur Betreuung in der Krippe oder im Kindergarten darstellt und das durchaus Vorteile hat. Aber wer leistet sich denn überhaupt ein „Kindermädchen“? Sind das immer noch die oberen Zehntausend mit genug Kleingeld in der Tasche?
Nachfrage beim Experten.
„Keinesfalls“, sagt Tobias Dreilich, der seit mehr als zehn Jahren in München Kinderbetreuerinnen vermittelt. „Wir sprechen mit unseren Vermittlungsdienstleistungen alle Familien an. Natürlich kostet eine private Kinderbetreuung Geld, vor allem, wenn sie Vollzeit geleistet wird. Aber wir vermitteln auch Nannys, die nur stundenweise aushelfen und die dann als Minijobberinnen oder in Teilzeitanstellung arbeiten.“
Bei Dreilichs Agentur KidsConcept sind vor allem die Nachmittagsstunden gefragt – die Zeit nach Schule oder Kita. Eine klassische Situation: „Die Nanny holt die Kinder dort ab und verbringt dann mit ihnen die Zeit, bis die Eltern nach Hause kommen“. Spielen, basteln, auch mal mit den Kids Abendessen machen – all das gehört dann dazu. Doch Dreilich zieht auch eine klare Grenze: „Kinderfrauen sind keine Putzhilfen, auch wenn wir viele Anfragen von Familien erhalten, die das gerne koppeln wollen“. Die Kinderbetreuung sollte immer im Vordergrund stehen, findet der Vermittler, was nicht ausschließe, dass die Nanny auch mal einkaufen geht oder eben mit den Kindern kocht und das Essen zubereitet.
Und wie sieht sie nun aus, die klassische Nanny? „Die gibt es nicht“, sagt Dreilich. Es gebe so viele verschiedene Formen der Kinderbetreuung. Neben der klassischen Kinderfrau vermittelt er beispielsweise auch Babysitter und Leihomas. Jeder Typ habe seine Vorteile, je nachdem, was gebraucht werde, meint er. Babysitter sind meist jünger als 40 und werden vornehmlich abends gebucht – die klassische Betreuung, wenn die Eltern mal ausgehen wollen. Leihomas hingegen sind genau das, was der Name schon verrät: Ältere Damen, die auch tagsüber Zeit haben und damit weitaus flexibler sind als Babysitter. Aber eben auch keine Kinderfrau im eigentlichen Sinn. „Man muss mit jeder Familie genau überlegen, welche Art von Betreuung sie braucht“, meint der Betreuungsexperte.
„Was ich mit Mary Poppins verbinde? Familienleben, die „perfekte“ Nanny, soziales Engagement, Nächstenliebe.“ Tobias Dreilich, Geschäftsführer der Münchner Agentur KidsConcept.
Sie hat ganz schön viele Gesichter, die moderne Mary Poppins. Und dann fällt da noch das Stichwort: Personal Assistant Nanny. Ein Trend aus, na wer errät es, den USA natürlich. Eine Nanny, die sich neben den Kindern eben auch darum kümmert, dass die Familien-Logistik funktioniert. Die einkaufen geht, den Kühlschrank und sogar die Kleiderschränke von Kindern und Eltern füllt. Das wäre dann die Premium-Variante der Mary. Nur fliegen, das kann sie trotzdem nicht.
INFO
Wer einmal checken möchte, welche Leistungen eine Vermittlungsagentur für Kinderbetreuung anbietet, findet weitere Informationen und aktuelle Betreuungsangebote auf der Website von KidsConcept. Für Familien, die auf der Suche nach einer Betreuung sind, kann solch eine Dienstleistung durchaus eine Alternative darstellen.
Vorteil: Alle Betreuerinnen sind persönlich ausgesucht, es gibt keine anonymen Datenbanken. In einem Vorgespräch wird genau herausgefiltert, welche Art von Betreuung benötigt wird. Man kann also einfach einmal den Hörer in die Hand nehmen und hat am anderen Ende einen kompetenten Ansprechpartner und keine gesichtslose Eingabemaske in einem Online-Feld. Nachteil: Natürlich kostet eine solche Dienstleistung Geld, die im Rahmen einer Vermittlungsgebühr erhoben wird (je nach Aufwand, ab 30 Euro). Aber dafür nimmt einem auch ein Profi viel Arbeit ab.
Ich finde: Eine Vollzeit-Nanny ist dann vielleicht doch einen touch too much. Aber als Ergänzung über die üblichen Kita-Zeiten hinaus und auch mal am Abend ist eine moderne Mary perfekt. Und auch die Leih-Omas sind ein tolles Konzept, das man sich durchaus mal anschauen sollte.