Hand aufs Herz: Wir lieben unsere Kinder, keine Frage. Wir tolerieren ihre Macken, ihre Trotzanfälle, ihre manchmal äußerst fragwürdigen Essgewohnheiten. Wir waschen ihnen Dreckkrusten vom ganzen Körper, wir wiegen sie in den Schlaf, singen ihnen vor und halten sie ganz fest, wenn sie Angst haben, krank sind oder einfach nur mal wieder „eine Phase“ haben. Eben weil wir sie lieben.
Aber manchmal, da treiben sie uns in den Wahnsinn. Obwohl wir sie lieben.
Meine beiden Goldstücke haben beispielsweise gerade unheimlich großen Spaß daran, im Minutentakt unsere Wohnung zu verwüsten. Der Baby-Bub steckt gerade mitten in der Wühl- und Ich-zerr-alles-aus-dem-Regal-Phase. Nichts, was sich in seiner Reichweite befindet, ist gerade sicher. Das Telefon, Bücher, Regenschirme, Putzlappen, Mützen, Haarbürsten – alles fliegt mir hier regelmäßig um die Ohren. Leider kommt der kleinen Madame das alles gerade sehr gelegen. Weil es so schön ist, kippt sie nämlich mit Vorliebe die Inhalte sämtlicher Boxen, Schubfächer und sonstiger Aufbewahrungskisten im Kinderzimmer einfach auf einen Haufen. Weil wühlen nämlich so schön ist!
Unsere Wohnung ist, sagen wir mal so, überschaubar. Ein wunderbarer Altbau mitten in München in direkter Nachbarschaft zur Isar, was ich heiß und innig liebe. Trotzdem können so knappe 80 Quadratmeter ziemlich schnell zur Müllkippe werden, wenn man nicht aufpasst. Aus Platzgründen haben wir die Räume sehr offen gestaltet, was den Nachteil hat, dass man nicht einfach die Tür zumachen kann, um das Chaos einfach nicht zu sehen.
Und so bin ich denn gerade dazu verdammt, ein Sisyphos zu sein. Ich kenne das, vor ziemlich genau zwei Jahren gab es diese Phase in diesem Haushalt schon einmal. Witzigerweise räumt der Babybub genau die gleichen Schubladen aus wie seine Schwester Der Nachteil an dem ganzen Schlamassel ist, dass ich jetzt zwei Kinder habe. Und das ist eins mehr als das eine damals. Zwei Kinder ist gleich doppeltes Chaos. Diese einfache Rechnung stimmt leider ziemlich häufig.
Also bestehen meine Tage als Frau Sisyphos darin, hinter meinen Kindern herzuräumen. Und nicht nur das! Ich sauge mindestens dreimal am Tag. Vermutlich könnte man aus den, was da in unserem Staubsauger verschwindet, schon ganze Menüs kochen: Müsli. Weintrauben. Nudeln. Wienerle. Erbsen. Couscous. Apfelschnitze. Gurkenscheiben. Ach, die Liste könnte noch ewig weitergehen. Der Babybub hat vor Kurzem beschlossen, dass er nur noch „normale“ Nahrung zu sich nehmen möchte. Brei ist out. Leider geht das mit zwei halben Zähnen nur bedingt. Und deswegen landet einfach die Hälfte erstmal unterm Tisch. Seine Schwester lässt sich nicht lumpen und verteilt großzügig mit.
Ich sauge gern, wirklich. Ich mag das, ganz anders als bügeln zum Beispiel. Ich mag auch dieses frische Gefühl, wenn alle Krümel weggesaugt sind. Das Problem ist: Kaum sind sie weg, sind schon wieder neue da. Im Kinderzimmer gibt’s Ähnliches zu berichten. Da steht nämlich eine große Kiste mit Lego Duplo. Und eine Kinderküche mit vielen lustigen „Kochzutaten“, Pfannen und Töpfen. Ich denke, ich muss nicht ausführen, welches Schlachtfeld sich da innerhalb von Sekunden ausbreiten kann. Wer räumt’s weg? Die Mama.
Ich hab auch schon versucht, einfach die Tür zuzumachen. Denn das Kinderzimmer verfügt tatsächlich über Türen (siehe offenes Konzept der Wohnung …) sogar über zwei! Eine zum Flur, eine zum Wohnzimmer. Beide zu. Bähm. Zumindest sehe ich dann nix von den Lego-Duplo-Ikea-Kinderküchen-Obst-und-Gemüse-Bergen nebenan. Als ich dann aber mal eines Abends versuchte, leise durch das Zimmer zu schleichen, um die Vorhänge zuzuziehen, stieg ich auf irgendeines von den Duplo-Tieren, ich glaube es war der Hirsch aus dem Tierpark. Es tat auf jeden Fall saumäßig weh und somit landete der Hirsch samt dem Rest der Tierpark-Bagage ziemlich flott wieder in seiner Kiste.
Ich lerne: Es hilft nichts. Ich bin gerade dazu verdammt, diese Räumaktionen durchzuführen. Das Gute ist: Ich weiß ja, dass es irgendwann auch wieder aufhört. Zumindest ein bisschen.
Das jüngste Opfer ist übrigens unser Telefon. Leider hatte es der Baby-Bub einige Mal zu viel in den Fingern. Es tut irgendwie keinen Mucks mehr, klingelt aber noch. Wie viele Male ich schon da stand und mir dachte: Ach je, derjenige, der da gerade anruft kann ja nicht wissen, dass unser Telefon zwar klingelt, ich aber nicht mehr abheben und reinsprechen kann.
Aber alles halb so wild. Die Kinder hatten es so gut versteckt. Ich hätte es ohnehin nicht gefunden.
EXTRA-TIPP: Ich habe dem Bub ein paar Wühlschubladen eingerichtet, ganz unten, wo er gut dran kommt. Wunderbar eignen beispielsweise Korken. Einfach in eine Schublade rein und Baby ist beschäftigt. Lässt sich auch einigermaßen fix wieder zusammenklauben und einräumen. Damit dann direkt im Anschluss die nächste Ausräumrunde stattfinden kann.
Wer es übrigens noch nicht kennt: Dieses Video trifft’s ziemlich gut. Sisyphos Mom halt :-D
6 comments
Stimmt genau. Der Lego-Eisbär tut auch furchtbar weh, wenn man drauf steigt. Passiert nahezu täglich…
Auaaaaaaa! Hirsche sind echt auch fies, wegen dieser Geweihe …
Sehr treffend geschrieben:-)
:-D
Welch gelungene Beschreibung! Allerdings muss ich Dich insoweit enttäuschen, dass es mal besser wird. Meine Große hat gerade Verkleiden entdeckt. Dazu werden alle frischen Kleider zuerst aus ihrem Schrank heraus gezogen und danach neuerdings auch Mamas Kleider.
Praktischerweise gibt es Bücher und Musik ja online. Das verringert die Anzahl möglicher Gegenstände deutlich. ????
Ach lass mich doch ein bisschen träumen von einer besseren Zukunft :-) Spätestens wenn sie aus dem Haus sind ist’s vorbei. Wobei … dann kommen se immer und bringen Berge dreckiger Wäsche mit. Hmmmmm hmmmmm hmmmmmm ….