*Eines der mannigfaltigen Stilleben vor unserer Haustür. Steigt man da jetzt drüber oder räumt man es zähneknirschend weg?
Einer meiner liebsten Plätze in München, ich habe es hier schon mehrfach geschrieben, ist die Isar. Wir wohnen direkt an ihrem Ufer. Wir spielen an der Isar. Und ich liebe diesen Fluss einfach zu allen Jahreszeiten. Vor ein paar Tagen war ich endlich mal wieder dort – um das zu tun, was man im Sommer so macht: Füße ins Wasser hängen und dem Fluss beim Fließen zuschauen.
Mit dabei war eine gute Freundin mit ihren beiden Kids, dazu meine beiden, und denen war natürlich auch allen heiß – es war brutal schwül an diesem Tag und wir kamen von der Auer Dult, das ist ein kleiner süßer Jahrmarkt, der dreimal im Jahr in der Au stattfindet, dem Viertel gegenüber unserer Glockenbach-Hood auf der anderen Isar-Seite.
Wir fanden, eine Abkühlung wäre jetzt genau die richtige Idee und gingen jetzt auch nicht lange nach einem guten Fleck suchen – voll ist es an diesen Sommertagen dort ohnehin immer. Direkt an der Reichenbachbrücke kann man auf Stufen aus Naturstein sitzen und die Füße und Beine ein bisschen ins Wasser hängen – perfekt auch für die Kids, dachten wir.
Und dann waren da die Scherben …
Wir setzen uns auf eine Decke und die Kinder liefen barfuß zwischen den Steinen herum. Dann sahen wir die Scherbe. Und noch eine. Und noch eine. Denn wenn man mal genauer hinguckte, dann waren da überall Scherben. Barfuß? Lieber nicht, deswegen mussten die armen Kinder zurück auf die Decke. Und nach 10 Minuten zogen wir wieder ab. Die Kinder waren beleidigt, verstanden aber zumindest ansatzweise, dass man da jetzt Badeschuhe gebraucht hätte (sorry, die waren leider nicht im nachmittäglichen Reise-Gepäck dabei).
Warum ich das alles erzähle? Man könnte ja jetzt auch sagen: Die soll sich nicht so anstellen, das ist halt eine Stadt und nicht irgendwo auf der grünen Wiese. Wo viele Leute sind, da gibt es halt auch mal Müll.
Nun. ich bin da eigentlich nicht pingelig und ich hoffe, auch nicht spießig, auch wenn ich langsam in ein Alter komme, wo man das gerne mal wird. Aber diese Scherben-Geschichte hat mich dann doch aufgeregt, weil sie wieder ein Mosaikstein zu meinem persönlichen kleines Groll-Muster beisteuerte, an dem ich seit einiger Zeit bastle.
Die dreckige Stadt
München gilt ja gemeinhin immer als so sauber und aufgeräumt. Lasst euch versichert sein, das ist es nicht. Zumindest nicht da, wo wir wohnen. Gut, das Glockenbachviertel ist nun mal das Ausgehviertel der Stadt, man könnte also auch sagen: Dann wohn halt nicht da, wo andere zum Feiern hingehen und zieh in die langweilige Vorstadt ins Reihenhaus. Aber darum geht es mir gar nicht. Ich mag einen gewissen Grad an Schmutz und Urbanität. Echt wahr! Was ich aber nicht mag, ist Rücksichtslosigkeit und mangelnder Respekt. Und genau das ist es, wenn man an die Isar geht und mutwillig Flaschen zerdeppert, seinen Müll rumliegen lässt und nicht daran denkt, dass andere da auch noch mal sitzen wollen.
Der Müll der anderen
Und es passt grade so gut, weil ich seit geraumer Zeit einfach ständig über den Müll anderer Leute stolpere. Auf unserem Dach befindet sich seit eineinhalb Jahren eine Baustelle, die einfach niemals fertig zu werden scheint. Seitdem haben wir auch ein schönes Gerüst am Haus und eben dieses scheint die Schmutzfinken der Stadt magisch anzuziehen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht jemand seinen Müll dort ablädt. Ich weiß nicht, welcher psychologische Effekt das ist, aber es scheinen sich viele Leute bemüßigt zu fühlen, der an sich schon etwas unordentlichen Szenerie (Bauschutt, rumliegende Eisen- und Drahtteile, Dachziegel, Paletten und all so ein Kram) noch ihren eigenen Müll hinzuzufügen.
Vor einigen Tagen erst hing am Gerüst eine Plastiktüte, darin eine vertrocknete Orchidee. Ich ging zum Einkaufen und ins Büro und als ich nach ein paar Stunden zurückkam, hing die Tüte immer noch dort, nur befand sich da auch schon wieder weiterer Müll drin und nicht mehr nur die Orchidee. Vor unserem Haus stand schon ein Drucker rum, ein Set von verbogenen Kleiderbügeln war dekorativ am Gerüst befestigt, mehrere Riesensäcke Hausmüll habe ich, nachdem sie Tage vor der Tür standen, wütend-resigniert irgendwann selbst entsorgt.
In diesen Momenten denke ich mir: Leute, habt ihr keine eigene Mülltonne? Wieso schleppt ihr einen Sack voll Dreck durch die Stadt, um ihn bei anderen vor die Haustür zu legen????
Problemfall Hundeklo
Und auch mal ganz abgesehen vom Gerüst und seiner näheren Umgebung gibt es einfach immer wieder so viele kleine und größere Aufreger-Situationen. Die Wiese vor der Krippe vom Bub beispielsweise, die als Stadtteil-Hundeklo herhalten muss (eingesammelt wird da selten was.) Hunde in der Stadt sind ein heikles Thema, ich weiß. Aber gerade von den Hundehaltern, die ja gerne Toleranz einfordern, erwarte ich im Gegenzug auch einen gewissen Respekt – gerade Kindern gegenüber. Im vergangenen Winter war es tatsächlich mal so, dass der Hundehaufen nicht mehr nur auf der Wiese lag. Sondern direkt vor dem Eingang zur Krippe.
Es war einfach nur noch ekelhaft – und hatte sich nach einiger Zeit auch so richtig schön verteilt alles, noch bevor man es noch einigermaßen problemlos wegputzen hätte können. Und ganz ehrlich: Es ist auch nicht die Aufgabe einer Krippen-Erzieherin, den Kackhaufen von irgendeinem Hund wegzumachen, dessen Herrchen oder Frauchen das Wort Rücksicht offensichtlich nicht mal buchstabieren kann. Den Job erledigte dann zumindest oberflächlich der Schnee, der sich sanft über die Überreste des Geschäfts legte und zumindest optisch ein bisschen Beruhigung reinbrachte.
Das Ding mit den Hunden ist halt leider immer wieder ein Aufreger, ich kann mir nicht helfen. Wer seinen Hund vor die Türen anderer Leute kacken lässt, ist in meinen Augen einfach nur rücksichtslos und ohne Anstand. Auch vor unserer Haustür lagen schon unzählige Hundehaufen. Wirklich DIREKT vor dem Eingang. Die Geschichte von dem Mops, der einer Freundin an der Isar mal in die im Gras abgestellte Handtasche pinkelte, will ich hier jetzt gar nicht groß breit treten. Aber sie schließt recht schön den Kreis zurück zur Isar, an der es tatsächlich an jeder Ecke auch nach Hunde-Pipi riecht (von den Haufen, die dort im Gras liegen mal ganz abgesehen).
War früher alles besser? Ich weiß es nicht.
Und nun also die Scherben. Ich kenne die Isar wirklich schon lange, ich hab dort schon am Lagerfeuer gesessen, als man im Innenstadtbereich noch grillen durfte. In den fast 10 Jahren, in denen ich nun an ihrem Rand wohne, hat sie sich verändert. Nicht nur was ihr Flussbett angeht, das sie vor einigen Jahren so wunderschön renaturiert haben. Als ich nach der Scherben-Episode mit den Kindern verschwitzt und ein bisschen wütend einen kurzen Stopp beim Buchladen ums Eck einlege, klage ich der Lieblings-Buchhändlerin mein Leid.
Ich bin mir nämlich nicht sicher: Waren die Scherben vielleicht einfach schon immer da und ich hab sie einfach nicht bemerkt? Dieses „Früher-war-alles-besser“-Gefühl kann trügerisch sein. Vielleicht bin ich jetzt einfach nur empfindlicher? Oh mein Gott. Ich werde glaub ich doch zum Spießer. Hilfe!!
Liebe Isar, von Weitem bist du noch schön
„Ach was“, sagt die Buchhändlerin Bettina, „du hast schon recht. Ich beobachte das ja auch schon seit ein paar Jahren. Die Isar wird immer mehr zum Ballermann.“ Schade eigentlich, denke ich. Denn du könntest so wunderschön sein und oben von der Brücke bist du es immer noch. Nur leider, wenn man mal genauer hinsieht, dann hast du gelitten. Und kannst selbst doch gar nichts dafür.
Eine Stadt ist eine Stadt und kein manikürter Bauerngarten auf dem Land. Ich weiß. Aber bitte, liebe Leute. Passt doch ein bisschen aufeinander auf. Denn wir leben hier GEMEINSAM. Und einer der Gründe, warum mich das Leben in der Stadt langsam aber sicher so unendlich müde macht, ist das Gefühl, dass hier zu schnell zu viel auf einmal passiert. Zu viele Scherben. Zu viele Gerüste. Und zu viel schlechtes Benehmen.
Das könnt ihr doch auch anders, oder?
2 comments
Ja, genau so empfinde ich es nämlich auch. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich in anderen (großen!) Städten bin, dass das Klischee, München sei so sauber, im Vergleich überhaupt nicht stimmt. Das Hunde-Thema ist nochmal ein ganz eigenes … ich zum Beispiel finde es toll, wie das beispielsweise in Wien gehandhabt wird, wo es unter anderem im Prater separate Hundewiesen gibt. Das wäre vielleicht auch für München ein interessantes Konzept, weil es das Nebeneinander leichter macht.
München ist tatsächlich so wunderschön, aber leider hat die Stadt einen kleinen Fehler: Sie ist – und ich muss das so pauschal sagen, denn das kenn ich so aus anderen Städten gar nicht – voll mit Menschen, die sich einen Dreck um die Bedürfnisse anderer scheren. Seien es Hundehaufen, Glasscherben an der Isar oder auch das nicht stillbare Bedürfnis, ein Kleinkind im Park auf eine Wiese zu setzen, ohne dass riesige, nicht angeleinte und nicht für fünf Cent hörende Hunde direkt angeprescht kommen…
(Man wohnt schon gerne hier, aber diese Rücksichtslosigkeit fällt schon negativ auf, finde ich.)