Pling Pling macht die Gitarre, als ich sanft über die Saiten streiche. Meine linke Hand sucht die passenden Stellen für die Akkorde, während mein Kopf sich daran zu erinnern versucht, wie nochmal A-Dur gegriffen wird. Eine kleine Hilfestellung von Stefanie und Pling Pling ertönt der Akkord.
Mehr als 15 Jahre sind wohl vergangen, seitdem ich das letzte Mal eine Gitarre in der Hand hatte. Mit 15 wollte ich unbedingt lernen, wie man damit spielt und hab es mir kurzerhand selbst beigebracht. Natürlich auf einem Level, das nicht an einen ordentlichen Kurs heran kam. Aber für eine gepflegte Schrabbelei am Lagerfeuer mit Knocking on Heaven’s Door reichte es allemal.
Gitarre spielen und das Baby schaut zu
In einem ordentlichen Kurs bin ich jetzt aber gelandet – nämlich bei Stefanie Böhm, die Gitarrenunterricht für Kinder und Erwachsene in München gibt. Und dieser Kurs ist ein besonderer: Es ist der Kurs für Eltern mit Baby. Das bedeutet: Die Babys kommen mit und liegen vor den Eltern auf der Matte, während diese Gitarre spielen lernen.
Stefanie hatte diese Idee, weil sie merkte, wie gerne sich frisch gebackene Eltern zum einen mit Musik beschäftigen und zum anderen die Zeit, die sie nun gerade tagsüber zur Verfügung haben, gerne mit etwas Sinnvollem verbringen wollen. Daher sind die Kurse so konzipiert, dass sie wirklich für jeden geeignet sind, auch für diejenigen, die noch nie etwas mit Musik und Gitarre zu tun hatten. Stefanie hat dazu ein eigenes Liederbuch entworfen, das die Griffe auf einzelne Bausteine herunterbricht, mit denen man auch ohne Kenntnis von Noten, Rhythmen und Grifftabellen sehr rasch lernt, einfache Kinderlieder zu begleiten.
Der perfekte Kurs für die Elternzeit
Und genau darum geht es bei dem Kurs: Lieder für die Kleinen, Spaß für die Großen. Der perfekte Kurs für die Elternzeit. Samy beispielsweise, der in den Montagskurs ist, den ich mir heute anschaue, hat die Stunden seiner Frau übernommen, als diese wieder in den Job eingestiegen ist. Jetzt ist seine Tochter schon ein Jahr alt und krabbelt munter durch die Gegend. Am liebsten würde er nach dieser Kursstaffel noch weitermachen, aber sobald die Kinder mobil werden, ist das eben nicht mehr so einfach. Dafür bietet Stefanie dann Kurse am Abend an, ohne Kinder.
Profis an den Saiten
Rückblende. Eine Woche zuvor. Im Dienstagskurs schaue ich drei Mädels zu, die bereits schon fortgeschritten sind und beinahe mühelos Pickings beherrschen, bei denen die Seiten gezupft werden, was wunderschöne Melodien ergibt (einen besonderen Liedertipp dazu findet ihr weiter unten). Das hört sich alles so fabulös an, dass ich mich an dem Tag tatsächlich noch nicht traue, selbst mal an die Gitarre zu gehen. Also höre ich erstmal zu. Und bin erstaunt, als mir die Damen erzählen, dass sie tatsächlich erst durch den Kurs mit dem Gitarrenspiel angefangen haben.
Gut, da ist beispielsweise Elisabeth, die jahrelang Geige gespielt hat und die das Gefühl für ein Saiteninstrument auf jeden Fall mitbringt. Trotzdem: Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell man Fortschritte machen kann. Stefanies Methode scheint voll zu funktionieren.
Eine besondere Auszeit für Mamas und Papas
Den Babys gefällt es sowieso. Sie liegen da und lauschen, spielen, robben, tatschen an die Gitarren. Auch mein kleiner Bub ist ganz fasziniert von den Klängen. Er mag Musik, das merke ich immer wieder. Und für die Mütter und Väter ist diese Stunde etwas Besonderes, sagen alle unisono. Weil die Kurse eine besondere Art der Auszeit ermöglichen. Anders als in den üblichen Babykursen von PEKiP bis Babyschwimmen geht es nämlich nicht in erster Linie um die Kinder, sondern um die Eltern. Sie lernen etwas, das vielleicht schon lange mal können wollten. Nur es gab halt nie die Zeit dafür. Jetzt ist sie da – Gitarre lernen in der Elternzeit klingt doch spannend, oder?
Jetzt aber. Ran an die Gitarre!
Nach dem Montagskurs tun mir meine Fingerkuppen ein bisschen weh. Sie sind ja auch ganz schön lange nicht mehr so gefordert worden. Als ich am Wochenende bei meinen Schwiegereltern bin, muss ich erst ein bisschen suchen, bis ich sie finde. Sie klingt ein bisschen schräg und vermutlich bräuchte sie mal dringend neue Saiten. Aber wie ich sie so klingen lasse, weiß ich: Gitarre spielen ist ein super Sache. Und wer es nicht kann, sollte es dringend lernen.
Pling Pling macht die Gitarre. Ich spiele ein bisschen vor mich hin, bis mir bewusst wird: Ooops. Das war jetzt tatsächlich Knocking on Heaven’s Door. Das mit den Kinderliedern üben wir lieber nochmal.
MEHR INFOS
Die Elternzeit-Kurse von Stefanie finden derzeit montags und dienstags um 10 sowie um 11 Uhr statt – in den schönen Räumen von Mein Schützling in der Leopoldstraße 19 in Schwabing (direkt an der U-Bahn Giselastraße). Außerdem donnerstags von 10 bis 11 Uhr in der Hebammenpraxis am Kriechbaumhof in Haidhausen, Belfortstraße 8.
Eine eigene Gitarre solltet ihr mitbringen – für den Anfang tut es auch sicher eine geliehene. Notenkenntnisse sind nicht notwendig. Stefanies System ist explizit für Menschen ohne musikalische Vorbildung entwickelt. Akkorde werden vereinfacht, die Bausteine im Liederheft sind so konzipiert, dass wirklich jeder bereits nach kurzer Zeit ein einfaches Kinderlied begleiten kann. Auch singen müsst ihr nicht können – in den Kursen geht es wirklich sehr relaxt zu, das ist kein Gesangswettbewerb!
Am besten geeignet sind die Kurse für Babys von zwei bis etwas zehn Monaten – danach werden sie zu mobil. Das alles ist natürlich immer auch abhängig von eurem Kind. Stefanie steh euch bei allen Fragen sehr gerne zur Verfügung.
Das Liederbuch könnt ihr auch ohne Kurs bestellen – für alle, die nicht in München wohnen, aber trotzdem Lust auf Gitarre und Musik für die Kleinen haben.
Weitere Infos zu Kursen & Konzept findet ihr auch unter www.lassdichklingen.de.
Edit: Wer ein besonderes Kinderlied (oder vielleicht auch: ein Lied für ein Kind) sucht, sollte sich das Wunderlied aus dem Film Sommer in Orange mal anhören. Einfach mal bei YouTube suchen. Als Stefanie das gespielt hat, wusste ich sofort, dass das mein neues Lieblingslied wird. ♥