Moment, sage ich, ich bin nicht so schnell. Der Bauch ist immer im Weg. Der macht mich so langsam. Mein Baby-Bauch. So groß ist er geworden. Ich hab ihn wachsen sehen. Ich hab ihn gestreichelt. So viele Male. So langsam wird alles so schwerfällig und da sage ich Dinge wie: „Hoffentlich ist er bald weg.“ Und es stimmt ja auch. Ohne ist so vieles einfacher. Wieder ich sein. Wieder Sport machen, richtigen Sport, und nicht so olle Gymnastik. Fahrrad fahren. Laufen. Schlafen.
Und doch weiß ich, ich werd ihn vermissen. Diese große, pralle Kugel. In der mein kleines Baby strampelt und tobt. Der im Takt mithüpft, wenn es mal wieder Schluckauf hat. Sehr bald werde ich ihn ein letztes Mal berühren. So wie ich es die Male zuvor getan habe, kurz bevor das Baby sein Nest verlassen hat. Beim ersten Mal war es noch instinktiv. Beim nächsten Mal bewusst. Und jetzt weiß ich, es wird das letzte Mal sein.
Es gibt so viele letzte Male, immer im Leben.
Aber nie sind sie dir bewusster als in dem Moment, in dem du Mutter wirst. Der letzte Tritt im Bauch. Das letzte Mal eine Geburt erleben. Das letzte Mal kleine Babysachen zusammenfalten. Das letzte Mal Stillen. Das letzte Mal einen Kinderwagen schieben, in dem dein eigenes Kind liegt. Das letzte Mal aneinander gekuschelt einschlafen. Das letzte Mal die kleine Kinderhand in deiner spüren.
Niemand hat mich darauf vorbereitet, als ich das erste Mal Mutter wurde. Niemand sagte mir, dass es die schönsten und bittersten Erfahrungen zugleich sind, zu erleben, wie dein Kind wächst. Wie es sich Schritt für Schritt ins Leben wagt. Wie es irgendwann alleine geht. Und deine Hand nicht mehr braucht.
Irgendwann gehen sie los und drehen sich nicht mehr um.
Sie recken nicht mehr die Hände nach dir und rufen „Mama, bleib da!“ Irgendwann hören sie auf zu dir ins Bett zu krabbeln und deine Nähe zu suchen. Irgendwann kommt die Zeit, in der sie lieber weit weg von dir sein wollen.
Irgendwann ist die Zeit gekommen, in der es wieder erste Male gibt. Wieder frei sein. Wieder Paar sein. Wieder Zeit haben. Nicht mehr gebunden sein. Aber diese neuen ersten Male sind hart erkauft mit all den Tränen, die wir weinen, weil wir zuvor so viele Abschiede nehmen müssen. Weil all die letzten Male so sehr schmerzen. Manchmal erst viel später, wenn es schon lange zu spät ist. Weil sie allzu oft einfach viel zu schnell an uns vorbeihuschen.
Die ersten Male schreiben wir uns auf, wir halten sie fest in Gedanken und auf Bildern. Die letzten Male nie. Weil wir sie gar nicht erkennen, wenn sie geschehen.
Halt es fest im Herzen, das Gefühl. Denn es kommt nie wieder.
Und deshalb streicheln wir ein letztes Mal über unseren Bauch und versuchen den Moment festzuhalten, weil es vielleicht das letzte Mal sein könnte. Und wissen doch, wie schwer es fällt, ein Gefühl festzuhalten. Es ist kein Bild, kein Geruch, keine Melodie. Es ist nur unser Herz, das uns dabei hilft. Und so schließen wir das Gefühl ganz fest ein in dieser speziellen Kammer des Herzens, in der wir all diese besonderen Momenten verwahren. All die ersten und letzten Male, all die Liebe und den süßen Schmerz des Mutterseins.
Und wir hoffen, dass uns der Zugang dazu immer erhalten bleibt. Dass wir nie vergessen, wie es sich anfühlte. Die Hand auf dem Babybauch. Ganz sanft, darunter der Herzschlag unseres Babys. Ein Fuß, der sich bewegt. Ein zartes Flattern irgendwo da drinnen.
Ein allerletztes Mal noch. Bevor es für immer nichts sein wird als eine Erinnerung.
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Oh wie schön meine Liebe… Tränchen kullern gerade über meine Wangen und ich weiß genau was du meinst. Diese ganz besonderen Momente, die man gerne für immer festhalten würde. Im Kopf, im Herzen und im Bauch ????????…