Meine zwei Süßen,
ich glaube, heute ist der Tag gekommen, an dem ich euch etwas mitteilen möchte. Es hat mit euch beiden zu tun. Mit euch als Bruder und Schwester.
Die ersten aufregenden Monate sind vorbei, wir haben schon so vieles miteinander erlebt. Der Winter kam und ging. Der Frühling. Jetzt ist Sommer. Und ich merke, wie ihr so langsam zueinander findet. Es ist nicht mehr ein Nebeneinander, wie das eben so ist mit einem Neugeborenen, das sich nicht großartig bewegen kann.
Wie die kleinen Flocken in einer Schneekugel langsam wieder auf den Boden sinken und ihren Platz finden, wenn man sie ordentlich gerüttelt und aufgeschüttelt hat, so finden wir langsam unseren Platz als Familie. Vor allem ihr zwei. Und deswegen ist dieser Text hier für euch.
Maximilian, vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich hier auf dem Blog einen Brief geschrieben an deine Schwester. Damals warst du noch gar nicht da, wobei, das stimmt nicht, natürlich warst du schon da. In meinem Bauch warst du! Gestrampelt hast du und getreten und ich wusste: Ganz bald bist du da. Es war eine besondere Zeit voller Vorfreude auf das, was da kommen würde. Und gleichzeitig war es auch ein bisschen beängstigend. Weil ich wusste, dass diese so besondere Zeit, die ich zwei Jahre lang mit deiner Schwester geteilt habe, bald vorbei sein würde.
Es gibt so viele Momente, in denen man als Mama lernen muss loszulassen. Und die Sekunde, in der du geboren wurdest, war so ein Moment. Ich musste sie loslassen, deine Schwester, damit sie deine große Schwester werden konnte. An diesem Tag im vergangenen November, deinem Geburtstag. Da wurde aus meinem kleinen Baby plötzlich meine „Große“. Und du warst da. Das neue Baby.
Viele Wochen sind vergangen seitdem. Du bist gewachsen und hast dich prächtig entwickelt. Du kannst dich drehen, kannst robben und dich aufrichten. Und wenn man dir ein bisschen hilft, dann kannst du auch schon sitzen. Du brabbelst lustige Dinge vor dich hin. Du isst Brei wie ein Weltmeister. Den Kinderwagen haben wir schon wieder zum Buggy umgebaut. Dein Babybay wird abgebaut. Du bist kein kleines Baby mehr. Die Zeit verfliegt so schnell und bevor ich mich nur umsehen kann, werden wir die erste Kerze auf deinem Geburtstagskuchen auspusten.
Und jetzt, da du langsam ein großes Baby wirst, da entdeckst du auch deine Schwester. Du liebst sie heiß und innig, das weiß ich. Schon lange. Aber jetzt, wo du dich so langsam mit ihr auf Augenhöhe begibst, wo du begreift, wer sie ist, da werden diese Momente zahlreicher. Die Momente, in denen ich euch tief in die Augen schaut und gegenseitig anlacht. In denen du deiner Schwester so interessiert beim Spielen zusiehst. In denen ihr euch an der Hand nehmt.
Mein Herz macht einen großen Hüpfer, wenn ich das sehe. Ich weiß, es ist nicht immer einfach, wenn man Geschwister hat. Wie sollte ich es jemals vergessen, ich habe doch auch einen kleinen Bruder. Ich wünsche mir so sehr, dass diese kleinen Momente der Anfang einer tiefen, innigen Beziehung sind. Von Freundschaft und Liebe.
Teresa, mein Schatz, auf dich bin ich so stolz. Du bist eine tolle große Schwester. Oh, wir hatten viele Höhen und Tiefen in den vergangenen acht Monaten. Ich werde nie den Moment vergessen, als du deinen Bruder das erste Mal gesehen hast. „So miniklein!“ hast du gerufen als du ihn gesehen hast, seine Händchen und Füßchen, er erschien so winzig neben dir. Und dabei war er doch ein Riesenkerl von mehr als vier Kilo. Aber für dich war er ein Winzling.
Du hast selbst so viel gelernt seit seiner Geburt. Du kannst mittlerweile sprechen wie ein Wasserfall. Du erzählst richtige Geschichten und deine Bücher kannst du manchmal sogar schon auswendig. Du erstaunst mich jeden Tag aufs Neue. Du kletterst auf die höchsten Gerüste, du saust durch die Gegend wie ein Wirbelwind. Bald wirst du ein Kindergartenkind sein, meine Große.
Du möchtest deinen Bruder halten, du möchtest ihn streicheln und du erzählst ihm Geschichten. Ich freu mich so, wenn ich das sehe und höre. Und manchmal, da bist du dann wieder so wütend auf ihn, weil er etwas genommen hat, das du nicht hergeben magst. Wenn es zuviel Aufmerksamkeit bekommt, obwohl du sie doch auch gerade brauchst. Das sind die Momente, die ich nicht so schätze, aber ich weiß doch, dass auch sie wichtig sind. Damit ihr beide lernt, was das bedeutet: als Familie miteinander zu leben.
Jeden Tag lernt ihr beide ein wenig mehr. Die Momente, in denen ich euch streitet, werden vielleicht ein bisschen häufiger werden. Dein Bruder wird bald stehen können. Laufen. Er wird erste Wörter sagen. Er wird mit dir kommunizieren können. Er wird sich das nehmen, was er möchte. Und es wird dir nicht immer gefallen.
Abends, wenn ihr beide eingeschlafen seid, dann gehe ich zu euch und streichle über eure Köpfe. Und es durchzuckt mich jedes Mal, wenn ich euch ansehe, einen nach dem anderen. Es ist so, als läge dort ein und das gleiche Kind. Im Schlaf seht ihr euch noch ähnlicher als sonst. Die gleiche Augenpartie. Der Mund. Das gleiche Lachen, der gleiche Schalk in den Augen. Die gleiche Fröhlichkeit und Aufgewecktheit.
Und gleichzeitig seid ihr doch so verschieden. Ich versuche, nicht zu vergleichen. Es gelingt nicht immer. Ich sehe vieles, das gleich ist. Und doch auch so viele Unterschiede. Ich bin froh, dass es so ist. Denn jeder von euch soll das werden, was er ist: einzigartig.