Nun ist der Bub schon über einen Monat alt. Der erste Baby-Monat zu viert war alles auf einmal: Wunderschön. Wahnsinnig anstrengend. Aufregend. Nervenzehrend. Wir haben in den ersten beiden Wochen zwei Krankheiten überstanden (die kleine Madame). Stillprobleme gemeistert (ich). Eifersuchtsszenen und Erschöpfungszustände durchgemacht (alle zusammen). Wir haben gelacht und geweint und gestaunt. Ja, vor allem gestaunt. Darüber, welches Wunder da wieder entstanden ist. Mit kleinen Händchen und Füßchen und einem kleinen Mund, der schmatzt und schreit und den wir am liebsten den ganzen Tag knutschen wollen. Wir haben wieder von vorne begonnen. Manchmal kommt es mir so vor, als sei die Zeit einfach zwei Jahre zurückgedreht. So vieles vergisst man so schnell wieder. Welche Geräusche so ein Neugeborenes macht. Und wie es riecht. Und wie leicht es ist, im Vergleich zu seiner großen Schwester. Wie zerbrechlich. Und gleichzeitig doch so stark.
Es wird Zeit, das alles festzuhalten. Um zumindest zu versuchen, das alles nicht zu vergessen. Man tut es sowieso. Das ist wohl die bittersüßeste Erkenntnis dieser ersten Wochen: Man kann diese zauberhaften Momente nicht festhalten. Man kann nur versuchen, sie so fest wie möglich im Herzen einzuschließen.
Die Erkenntnisse von Monat 1
Die Aussage, Zweitgebärende sollten nicht zu lange damit warten, in die Klinik zu fahren, stimmt. Bei 1,5 Stunden zwischen Blasensprung und Geburt sollte alles eng getaktet und durchorganisiert sein. Vorteil für die Klinik: Wenn man nur 15 Minuten den Kreißsaal beansprucht, bevor das Kind zur Welt kommt, macht man schneller wieder Platz für die nächsten. Ist natürlich individuell und bei jedem verschieden. Stichprobe im Freundeskreis zeigt aber: Beim zweiten Mal geht es wirklich oft sehr flott zur Sache.
In München gibt es tatsächlich gerade einen Baby-Boom. Geschichten über Frauen, die ihre Kinder in Besprechungszimmern oder hinter irgendwelchen Paravents auf die Welt bringen oder schnell noch durch die ganze Stadt geschickt werden, um einen freien Kreißsaal zu finden, scheinen wahr zu sein. Erfährt man, wenn man ein paar Tage auf der Wochenstation verbringt.
Die Investition in ein Familienzimmer lohnt sich immer.
So wunderschön es ist, das Baby nach Hause zu bringen: Es lohnt sich nicht, sich eine rosige Welt auszumalen. Irgendwas geht immer schief. Dazu kommen Milcheinschuss und Baby Blues: Irgendwann wird man in diesen ersten Tagen, die ja „ach so magisch“ sein sollen, heulend auf dem Sofa sitzen. Also lieber nicht zuviel erwarten.
Stillen ist Schwerstarbeit. Und wer denkt, beim zweiten Kind wird es einfacher, der wird schnell merken: Wunde Brustwarzen sind kein Phänomen exklusiv für Erstgebärende.
Große Geschwister kommen immer zu dem Punkt, an dem alles über sie hereinbricht. Da hilft alle Vorbereitung nichts.
Irgendwann sind die Schreianfälle, Eifersuchtsszenen und Trotzdramen aber auch wieder vorbei. Und sie schmusen so süß mit ihrem Geschwisterchen.
Ein Neugeborenes kann unheimlich viel aushalten. Gezerre. Gedrücke. Schnuller, die einem ins Gesicht gepresst werden. Trinkfläschchen, die einem über den Kopf gehauen werden. Oder Müsli, das einem in den Mund gestopft wird („Das Baby hat doch Hunger!“).
Man kann Liebe locker verdoppeln.
Gesprächsthemen wie die Verdauung des Babys, der Busen der Mutter oder Geburtsverletzungen sind plötzlich wieder ganz oben auf der Agenda. Gerne auch während des Essens und gerne in öffentlichen Räumen, wo die beiden Endzwanziger am Nachbartisch dann gleich mithören dürfen, was sie in ein paar Jahren erwartet.
Man spricht Babysprache, ohne sie je gelernt zu haben. Das muss genetisch sein.
Beckenboden-Übungen sind wichtig, das ist wahr. Genauso wahr ist, dass man niemals Zeit dafür hat.
Ein Wäschetrockner gehört zu den genialsten Erfindungen, die jemals getätigt wurden.
Noch genialer war allerdings der Erfinder des Schnullers.
Es gibt mittlerweile auch Milchpulver für Mütter.
Und einen Haufen anderer Nahrungsergänzungsmittel, die vermutlich kein Mensch braucht.
Alle Pekip- und Rückbildungskurse in München sind auf Jahre hinweg ausgebucht. Genauso wie die Hebammen (meine nimmt, Stand gestern, nur noch Frauen ab August 2015 an (das sind die, die gerade positiv getestet haben) … schwierige Thematik, über die schon viel geschrieben und diskutiert wurde).
Eine Nachsorge-Hebamme ist Gold wert. Sie begleitet dich in den ersten Wochen wie eine gute Freundin. Das ist echt wichtig.
Auch beim zweiten Kind braucht man eine Hebamme. Die Themen sind halt anders, die Besuche etwas kürzer. Aber Fragen hat man immer. Und sei es nur, jemanden zum Quatschen zu haben, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt.
Es gibt Zweijährige, die wollen ihren Kinderwagen einfach nicht hergeben.
Und es gibt Säuglinge, die wollen nur herumgetragen werden.
Perfekt, wenn das Geschwister sind. Denn dann wird das große Kind halt weiterhin geschoben und das kleine getragen.
Ein gutes Tragesystem ist beim zweiten Kind überlebenswichtig. Zumindest wenn das große Kind noch ein Wickelkind ist, gerne mal wegrennt und Blödsinn macht. Unsere Trage heißt Marsupi und ist eine perfekte Alternative zum Tagetuch.
Baby-Jungs können sich mühelos selbst ins Ohr pinkeln.
Die Hersteller von Windeln arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie die Designer von Zara. Motto: Die Größe, die drauf steht, hat noch lange nichts mit der tatsächlichen Größe zu tun.
Man kann in einem Moment vor Erschöpfung weinen und im nächsten vor Glück.
Das Wunder des Lebens ist niemals so unfassbar und berührend wie beim Anblick eines Neugeborenen.
Manchmal braucht man ein paar Stunden, um das zu begreifen. Das, was direkt nach der Geburt auf deiner Brust liegt, ist erstmal ein kleines glitschiges Etwas mit Knopfaugen, die dich staunend anblicken. Vielleicht dauert es dann noch eine ganze Weile, bis dir bewusst wird: Das ist wirklich mein Kind.
Lass dir einfach Zeit damit. Keiner kann sich im Kreißsaal entspannen, während man noch zusammengeflickt wird wie ein Brathähnchen und einem immer noch schummrig zumute ist.
Die Liebe kommt auf leisen Sohlen. Eine klitzekleine Hand, die sich in deine drückt. Ein Schmatzer aus dem kleinen Mund. Ein Fiepen wie von einem kleinen Vogel, der aus dem Nest gefallen ist. Ein Blick aus halb geschlossenen Augen, die sich noch nicht öffnen mögen, um die Welt einfach auszublenden.
Wenn sie dann da ist, diese unendliche Liebe, für die es keine Worte gibt, dann bleibt sie. Für immer.
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