Gestern ist es nun also passiert. Teresa ist vom Sofa gefallen. Natürlich hätte ich es wissen müssen. Seit zwei Wochen dreht sie sich ständig auf den Bauch wie eine Verrückte. Dass sie das auch irgendwann einmal im Schlafsack macht, ist nur natürlich, aber ich wollte es wohl nicht wahr haben. Also legte ich sie aufs Sofa, im Schlafsack, denn ich wollte sie ja eigentlich ins Bett bringen und nur mal schnell…
Der Schreck war immens. Bei ihr und bei mir. Sie schrie wie am Spieß – nicht das nörgelnde Geschrei, das sie an den Tag legt, wenn ihr langweilig ist oder sie eine nasse Windel hat. Das Weinen war ganz anders – spitz und verzweifelt. Und ich wusste sofort, dass etwas passiert ist.
Ich nehme an, die Geschichten ähneln sich. Es gibt wohl kein Kind auf der Welt, das nicht mal irgendwo runter oder hinfällt. Aber wenn es deins ist und es so erbärmlich schreit, dann setzen deine Synapsen aus. Als ich sie schon im Arm hatte, fiel mir ein, dass man laut Erste-Hilfe-Regel ja erstmal schauen muss, ob was verletzt ist, bevor man das Kind anfasst.
Sie hörte auf zu weinen und lachte mich an, als sei nichts passiert. In meinem Kopf lief die Maschinerie: wen rufe ich jetzt an, wie finde ich heraus, was zu tun ist? 112? Wenn das Kind schon wieder lacht? Googlen ist wie immer eine schlechte Idee, denn in den Foren tummeln sich die „Experten“, die schlimmste Dinge zu berichten haben: Hirnblutungen, Schädelfrakturen, Behinderungen, Tod. Also doch den Notruf? Oder lieber abwarten? Lachen die mich aus, wenn ich sie nun anrufe? Werden sie mich beruhigen?
Es war 21 Uhr abends. Sollte ich jetzt die ganze Nacht wach bleiben, um im Falle des Falles sofort Hilfe holen zu können? Moritz war nicht da, der war auf einer Messe und ich allein zuhause. Meine Mutter anrufen? Was sollte die mir schon sagen.
Also rief ich unseren Kinderarzt an. Der hat eine Notfallnummer und wird nie müde zu sagen, man soll die ruhig nutzen. Ich dachte immer, ich hätte Skrupel, einen vielbeschäftigten Arzt am Freitagabend in seinem wohlverdienten Feierabend zu stören. Aber wenn man sich so sehr um sein Kind sorgt, dann ist einem alles egal, lerne ich in diesem Moment.
Ich stottere und kann kaum meinen Namen aussprechen. Sofa ist nicht so schlimm, sagt er. Wickeltisch oder alles über einen Meter Höhe wäre beunruhigender, auch Bewusstlosigkeit und Apathie. Schreien direkt nach dem Sturz sei an sich ein gutes Zeichen. Ich solle Teresa beobachten und sie noch eine halbe Stunde wach halten. Dann nach drei Stunden nochmal schauen. Alles in Ordnung. Auch am nächsten Tag. Ich bin so erleichtert. Sofa ist ab jetzt Tabuzone, es sei denn ich hab sie im Arm.