Kürzlich habe ich es zum ersten Mal gewagt: Ich bin alleine mit zwei Kindern mit dem Zug gefahren. Also mit einem Kleinkind und einem Baby. Und, was soll ich sagen: Das geht! Klar, ein bisschen Respekt ist angebracht, aber ich ziehe so eine Fahrt auf jeden Fall jeder Autofahrt auf der überfüllten und mit Baustellen übersäten A8 vor. Schon alleine, weil man sich im Zug zumindest in einem begrenzten Radius auch mal bewegen kann. Das gilt natürlich in erster Linie für die kleine Madame. Denn die ist zweieinhalb Jahre alt und will sich bewegen. Und das geht im Auto nunmal nicht.
Die Strecke München – Karlsruhe bin ich gefühlt schon tausend Mal gefahren, denn ich wohne immerhin schon seit fast 20 Jahren in München und meine Eltern leben im badischen Ländle, zwischen Karlsruhe und Freiburg. Früher gab es superpraktische Verbindungen, die direkt durchgefahren sind bis ins schöne Kehl am Rhein, aber die Bahn hat dann irgendwann beschlossen, dass sich das nicht mehr rechnet. Das bedeutet nun leider Umsteigerei oder man hat liebe (Groß)Eltern, die einen auch in Karlsruhe am Bahnhof abholen.
Mit der kleinen Madame bin ich die Strecke auch schon öfter gefahren, aber zwei Kinder sind nun mal mehr als eines und deswegen war ich gespannt, ob mich das an den Rande des Wahnsinns treiben und ich völlig zerstört aus dem Zug steigen würde. Aber nein, es war alles prima. Wer hätte das gedacht.
Und weil es immer schön ist, Erfahrungen weiterzugeben, kommen hier meine persönlichen Tipps für das Zugfahren mit Kindern.
Rechtzeitig reservieren!
Wichtig ist vor allem ein wenig vorauszuplanen. So einfach spontan in den Zug zu steigen, das geht mit Kindern nicht mehr (wie so manche andere Dinge auch). Dazu gehört auch, das Zugabteil rechtzeitig zu reservieren. Es gibt in fast allen Zügen so genannte Kleinkindabteile. Die sind mal mehr, mal weniger gut ausgestattet. Nach Karlsruhe fahre ich meistens mit einem InterCity, da sind diese Abteile einfach etwas modifizierte normale Abteile mit vier statt sechs Sitzen – weswegen man noch genug Platz hat, um sein ganzes Geraffel zu verstauen – was man eben so dabei hat. Theoretisch kann man sogar den Kinderwagen auf der freien Fläche abstellen, es gibt aber auch im Gang direkt neben dem Abteil einen Abstellplatz (meistens muss man den Wagen aber zusammenklappen, denn schon bei zwei Wägen wird es eng).
Weil es aber nur vier Sitze gibt, ist dieses Abteil eben auch urschnell ausgebucht. Jetzt, wo ich drei Sitzplätze reservieren wollte, ist mir das zum ersten Mal bewusst geworden. Denn zwei Plätze bekommt man oft noch – auch kurzfristig, wenn man einigermaßen flexibel ist. Drei ist schwierig. Da frage ich mich dann auch, wieso eigentlich die Bahn pro Zug nicht einfach noch mehr solche Abteile ausweist – denn erfahrungsgemäß sind immer ganz schön viele Kinder in den Zügen unterwegs (und alle, die keinen Platz mehr in dem einen Kleinkindabteil finden, tummeln sich dann halt in den anderen Abteilen). Das wäre doch mal eine Überlegung wert, liebe Bahn?!?!
Ein Abteil nur für die Kleinen. Und Toiletten zum Abgewöhnen.
Das Schöne am Kleinkindabteil ist, neben dem etwas größeren Platzangebot, dass man „unter sich“ ist. Will heißen: Da darf der Nachwuchs auch mal rumquäken, ohne dass gleich ein Mitfahrer genervt die Augen verdreht. Und ich habe da auf dem Boden sogar schon die Kids gewickelt. Denn das wiederum ist eine ganz klare Schwachstelle der Züge: die Toiletten. Ich finde es ja schon für mich selbst eklig, da drauf zu gehen. Wie aber zum Teufel mache ich das mit einer Zweijährigen, die gerade anfängt, das Leben ohne Windel zu entdecken? Auch der Wickeltisch (den es immerhin im letzten Zug gab, ist aber auch nicht Standard) war eher „naja“ – furchtbar schwer zum Aufklappen mit einer Hand (und das macht man ja wohl, den wo sollte ich das Baby denn in diesem versifften Klo auch sonst platzieren? Sicherlich nicht auf dem Boden … ??)
Das Gepäck fährt schon mal vor
Eine weitere überaus sinnvolle Institution ist der Gepäckservice, den die Bahn zusammen mit Hermes betreibt. Man schickt damit sein Gepäck einfach schon mal voraus und reist dann nur mit Handgepäck. Gerade wenn man zwei Kinder hat, ist man ja ohnehin genug beschäftigt und hat nicht noch zusätzliche Arme und Hände für nen schweren Koffer. Buchen kann man das telefonisch oder online bei der Bahn oder direkt bei Hermes. Funktioniert auch tadellos, man muss aber zwei Werktage für die Zustellung einplanen. Der Koffer wird zuhause abgeholt und an die Wunschadresse zugestellt. Optional kann man das Gepäck auch beim Hermes-Shop abgeben (Diese Möglichkeit kennt man allerdings beim Call Center der Deutschen Bahn nicht, wie ich festgestellt habe). Ein klarer Vorteil für die Buchung über die Bahn ist übrigens, dass man bestimmte Zeitfenster für die Abholung und die Zustellung buchen kann (entweder über bahn.de oder auch übers Call Center). Bei Hermes direkt geht das nicht, da wartet man dann unter Umständen den ganzen Tag auf den Kurier.
Umsteigen ist Stress
Und, wenn es irgendwie geht: Eine direkte Verbindung suchen. Ich gebe zu, wenn man eine Strecke vor sich hat, die mit Umsteigen verbunden ist, dann ist das nochmal eine ganz andere Nummer. Denn das ist Stress pur. Man kennt das ja schon von Bahnfahrten ohne Kinder: Irgendein Zug hat immer Verspätung, die Zeitfenster zum Umsteigen sind viel zu knapp berechnet und selbst wenn man es schafft, rechtzeitig am neuen Gleis zu sein, dann ist entweder der Anschlusszug irre zu spät oder kommt auch mal gar nicht (alles schon erlebt). Und Warten mit kleinen Kindern auf einem zugigen Bahnhof ist so ziemlich das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann. Deswegen fahre ich eben nur direkt und habe liebe Eltern, die mich auch im 45 Minuten entfernten Karlsruhe abholen. (Danke Mama, danke Papa!!!)
Einpacken: Spielzeug, Wickeltasche, Hörspiele
Für die Fahrt selbst packt man das ein, was man sonst auch dabei hat, wenn man für etwas länger das Haus verlässt: Wickeltasche, Fläschchen, ein wenig Spielzeug, Bücher, Essen (am besten irgendwas, was man gut in die Hand nehmen kann … die Madame liebt gekochte Nudeln „mit ohne“ irgendwas für unterwegs). Am besten alles im Rucksack transportieren, denn dann hat man die Hände frei. Und fürs Entertainment zwischendurch: Derzeit hoch im Kurs stehen bei uns die Hörspiele der Reihe Pixi Hören. Ich hab direkt mal eine ganze Menge davon aufs iPhone geladen, so dass man die auch bequem unterwegs anhören kann (idealerweise mit Kopfhörer – denn wenn zum zehnten Mal die Geschichte von Prinzessin Isabella vom Schloss Pinklila läuft, könnten sonst selbst die geduldigsten Mitfahrer nervös werden). Vier Geschichten dauern etwa 20 Minuten. Heißt: 20 kostbare Ruhe-Minuten, in denen man mal was anderes machen kann. Zum Beispiel den Baby-Bub bespaßen. Oder zwei Seiten lesen. Oder ganz einfach mal kurz die Augen zu machen. Oder einen Kaffee trinken (auch wenn der im Zug furchtbar schmeckt, egal!, Hauptsache heiß und koffeinhaltig).
Hilfe beim Ein- und Aussteigen suchen
Und, noch ein weiterer Tipp fürs Aus- und Einsteigen: Es ist ein wahrer Stressreduzierer, wenn man jemanden hat, der einen zum Zug bringt und beim Einsteigen hilft. Denn selbst wenn man nur mit Handgepäck reist – es gibt ja auch noch den Kinderwagen, den Maxi Cosi, dazu die Kinder … Oder aber man bittet einfach jemanden um Hilfe. Zum Beispiel, auf ein Kind aufzupassen, während man das andere schon mal im Zug verstaut. Bisher hatte ich nie ein Problem damit, helfende Hände zu finden – meistens bieten es einem die Leute sogar von selbst an. Das finde ich immer besonders schön und es freut mich dann unheimlich, dass es doch so viele nette und hilfsbereite Menschen gibt.
Das Gleiche gilt auch fürs Aussteigen. Oftmals haben wir Mamis aus dem Kleinkindabteil uns dabei auch schon gegenseitig geholfen. Gemeinsam reisen schweißt zusammen :-) Und überhaupt: Ich habe da bisher nur nette Eltern und Kinder getroffen. Meine Eltern postieren sich dann immer strategisch günstig genau da, wo der Wagen dann im Bahnhof auch anhält und stürmen direkt zur Tür, um mir beim Ausladen zu helfen. Ein Blick auf den Wagenstandsanzeiger lohnt sich also.
FAZIT Alles ist machbar. Man muss es einfach nur versuchen. Vielleicht mal mit einer kürzeren Strecke anfangen oder eben mit einer, die man ohnehin schon kennt. Wichtigste Regel ist ganz einfach: Auf sich selbst vertrauen. Und wenn man Hilfe braucht, nicht zögern und auf jemanden zugehen. Auch das Zugpersonal ist meistens ziemlich freundlich, zumindest habe ich die Erfahrung gemacht. Und noch schöner ist natürlich, wenn man gar nicht alleine unterwegs ist und der Papa oder die Oma mitfährt. Dann macht das alles ja noch viel mehr Spaß.
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