Wir alle haben ein Bild im Kopf vom perfekten Strand. Ich wette, in den meisten Köpfen sieht er so aus: Türkisblaues Wasser, pudrig-weißer Sand. Vielleicht noch ein paar Palmen. Nun waren wir kürzlich auf Sardinien, einer Insel, die ich im Ranking um die besten Strände Europas ganz weit oben verorten würde.
Und ja, wir haben einen solchen Strand gefunden. Türkisblaues Wasser. Pudrig-weißer Sand. Okay, die Palmen fehlen. Dafür kommt man nur mit dem Boot hin, was dem Ganzen eine gewisse Exklusivität verleiht. Die Insel Spargi, auf der wir ihn fanden, diesen wunderbaren Strandort, liegt im Maddalena Archipel im Nordosten der Insel. Palau, von wo aus man dorthin startet, ist der westliche Randpunkt der Costa Smeralda. Dort, wo die Schönen und Reichen mit ihren Yachten schippern.
Ich hatte Geburtstag und der Mann schenkte mir diesen Bootstrip. Vier Erwachsene, vier Kinder, ein Boot, ein Archipel, ein Sommertag. Ein Strand, von dem ich dachte, er sei perfekt. Ich steckte meine Zehen in den weißen Sand und postete ein Bild auf Instagram, zu dem ich schrieb: H e a v e n. Es war herrlich. Das Wasser so tiefblau, türkis, aquamarin, glasklar. Es wurde voll am Nachmittag, aber nicht zu voll, dass es unangenehm gewesen wäre. Als wir am Abend zurück waren und von unserer keinen Terrasse aus aufs Meer schauten, spürten wir immer noch den Wind in unseren Haaren und das Salz auf der Haut. Und ich hatte das Bild von diesem Strand. So wunderschön. So perfekt.
Ein paar Tage später luden wir die Sachen in den VW Bus und fuhren weiter, einmal quer über die Insel. An der Westküste stellten wir uns in einen Pinienwald, direkt hinter die Düne. Das Rauschen des Meeres begleitete uns durch die Nacht.
Und manchmal ist das Perfekte gar nicht perfekt
Der Strand von Is Arenas ist wild. So ganz anders als Spargi, als die feinsandigen, manikürten Strände der Costa Smeralda. Seegras liegt wie dicke Matten am Ufer, das steil abfällt, dort wo sich sich Wellen brechen. Sie sind hoch an diesem Tag, die rote Flagge weht, was die Kiter nicht stört, die am Nachmittag zum Strand eilen, als der Wind dreht.
Wenig hat er gemein mit dem Traumstrand im Kopf. Der Sand ist grobkörnig. Das Wasser frisch, die Strömungen im Wasser können gefährlich sein. Ich gehe trotzdem hinein, bis zur Hüfte nur, spüre, wie mich die Wellen fast umwerfen. Es ist windig, der Sonnenschirm fliegt uns fast um die Ohren. Den Kindern ist es egal. Sie jauchzen, weil sie Muscheln finden, so viele Muscheln, Berge davon. Sepia-Schilde. Steine. Glatt geschliffenes Glas. Was das Meer so ausspuckt.
Wir sammeln Treibholz und bauen daraus Mobile. Wir fädeln die Muscheln zu Ketten auf, die sich die Kinder umhängen, sie klimpern bei jeder Bewegung. Der Strand ist ein Spielplatz, ein riesiger Abenteuerort. Aus Holz und Steinen und Teilen eines alten Fischernetzes bauen wir eine Burg. Dass wir nicht baden können – geschenkt. Der Campingplatz hat einen Pool.
Ich gehe den Strand entlang, über die Dünen führt ein Holzsteg. Der Wind zerrt an mir und in meinen Haaren, das Salz in der Luft legt sich auf mich, meine Haut, ich schmecke es auf der Zunge.
Abends, als die Kinder schlafen, gehe ich nochmal zurück zum Meer. Krachend rollen die Wellen an den Strand. Den Sonnenuntergang habe ich gerade verpasst, aber das macht nichts, denn die Stimmung ist magisch. Orange leuchtet der Horizont, weiß schäumt das Meer. Der Strand liegt in diesem diffusen Licht, das es immer nur an diesen langen Sommerabenden gibt. Die Blaue Stunde, nicht mehr Tag und auch noch nicht Nacht.
Ein paar hundert Meter entfernt steht einer, der gerade eine Angel auswirft. Die lange Leine saust durch die Luft und klatscht in die Wellen. Ein paar Pärchen sitzen im Sand, der schon kühl geworden ist und machen Selfies. Ich stehe einfach da. Und begreife.
Das Wunderschöne, Glatte mag uns verführen. Vielleicht finden wir es perfekt für den Moment. Und doch ist es das Wilde, das Ungezähmte, das Abenteuer, das uns ganz tief im Herzen berührt.
Dieser Strand ist nicht perfekt für den Hochglanzprospekt. Er ist perfekt für die Seele. Und wer das natürlich zuerst spürt, das sind diejenigen, die immer nur mit dem Herzen urteilen: unsere Kinder.
Wie ist das für euch? Wo liegt euer perfekter Strand?
2 comments
Großartig!
Danke <3