Ein Schlosshotel! Wie schön! Erster Gedanke. Zweiter dann: Aber mit Kindern? Ja, das ist immer die Frage, gerade bei einem Urlaub im Hotel – ich meine jetzt nicht den Kinderclub am Mittelmeer. Sondern Hotels wie das Wartegg, das man auf den ersten Blick als altehrwürdig und seine Zielgruppe eher als Paare ohne Kinder verorten würde.
Aber das stimmt gar nicht, wie wir bei unserem Wochenend-Trip an den Bodensee Ende Oktober herausgefunden haben (wer öfter mitliest: es gab auch schon ein Wochenende in Bildern dazu). Und deshalb möchte ich euch nochmal mitnehmen an diesen wunderbaren Ort in Rorschacherberg im Schweizer Kanton Sankt Gallen.
Der Park ist ein Traum
Das erste, was man vom Schloss Wartegg sieht, wenn man anreist, ist der riesige Park, der es umgibt. Und genau der ist auch einer der wichtigsten Punkte, die das Hotel als Ferienziel für Familien so interessant machen. Dass es sich dabei um einen Englischen Park handelt und was dieses Gartenkonzept denn so ausmacht, interessiert unsere Kinder zwar herzlich wenig. Dafür umso mehr die vielen tollen Spielmöglichkeiten – ein Spielplatz, Schaukeln, Kickertische – der viele Platz zum Rumsausen und natürlich die Schafherde, die ebenfalls im Schlosspark wohnt. Und die nur einige Tage vor unserem Aufenthalt Nachwuchs bekommen hat.
Drinnen im Schloss gibt es die nächsten Entzückungsschreie. Direkt neben unserem Zimmer befindet sich nämlich das Spielzimmer – ein Paradies voller Bauklötze, Puppenwägen, Kugelbahnen und Kinderbücher. Die beiden können sich kaum davon trennen, was darin endet, dass wir die Hälfte unseres abendlichen Vier-Gang-Menüs in eben jenem Kinderzimmer einnehmen, in dem es praktischerweise auch Tische (und sogar eine Küchenzeile) gibt. Direkt vor dem Zimmer liegt auch der Kinderspielplatz, durch eine Terrassentür sind beide Spielbereiche verbunden. Für die nächsten beiden Tage wird dieser Bereich des Schlosses also so etwas wie unser Basecamp.
Kinderspaß drinnen und draußen
Familienzimmer mit Kuschel-Matratze
Unser Zimmer ist ebenfalls ganz auf Familien ausgerichtet, immerhin ist es eines der drei „Familienzimmer“ im Schloss mit seinen ingesamt 25 Zimmern. Das bedeutet, dass es über ein separates zweites Schlafzimmer verfügt, in dem bis zu drei Kinder Platz haben. Sehr praktisch: Das Kinderbett ist eine große Futon-Matratze, auf der sich die Kids gemeinsam einkuscheln können. Durch hohe Fenster blickt man direkt in den Park. Eingerichtet ist das Ganze ohne großen Schnickschnack, ein Reisekatalog würde vielleicht auch von „zweckmäßig“ sprechen – anfänglich irritiert mich das etwas, aber es ist eben genau der Stil, den auch der Rest des Hotels verfolgt. Dem Äußeren mit seinen alten Mauern, Türmen und Erkern setzt man klare, sehr reduzierte Linien im Inneren entgegen.
Vier Gänge. Und die perfekte Kinderkarte
Herausragend ist in jedem Fall das hoteleigene Restaurant. Die regional und saisonal ausgerichtete Küche von Küchenchef Sandro Zimmermann ist bio und vom Slow-Food-Konzept inspiriert (viele Zutaten kommen sogar direkt aus dem schlosseigenen Gemüse- und Kräutergarten) – und sie ist ganz einfach, wie unser Sohn sagen würde: „Ledda“! Das wissen auch der Gault Millau und der Guide Michelin, deren Empfehlungen und Bewertungen für sich sprechen.
Dazu entdecken wir auch noch die fantastische und durchdachteste Kinder-Menükarte, die uns jemals untergekommen ist. ENDLICH einmal eine Karte, die auf die obligatorischen Chicken Nuggets mit Pommes verzichtet. Stattdessen wählt man auch für die Kinder eine Beilage ganz nach Gusto aus, sei es Reis, Kartoffeln, Nudeln oder, ganz schweizerisch, Rösti. Wer Halbpension bucht, darf abends ein Vier-Gänge-Menü genießen. A la carte geht natürlich auch. Geöffnet hat das Restaurant mittags und abends; im Sommer sitzt man ganz besonders schön auf der Terrasse mit Blick auf den Bodensee.
Die „Badis“ vom Bodensee
See. Gutes Stichwort! Das Hotel liegt nicht unmittelbar am See, er ist aber in Gehweite und in wenigen Minuten steht man am Ufer, wo es auch ein „Badi“ also ein Strandbad samt Spielplatz gibt. Von dort aus kommt man auch ins Zentrum von Rorschach, das etwa fünf Autominuten entfernt liegt. Allerdings wird leider nichts aus meiner Vorstellung einer gemütlichen Flanier-Runde am Wasser entlang. Denn der See ist hier leider zugebaut. Noble Villen, eine Schönheitsklinik von Nasen-Guru Werner Mang und Industriegebäude wechseln sich ab, daneben führen eine recht befahrene Hauptstraße und die Bahnlinie in die Stadt. Schöner ist da definitiv der Fußweg quer durch den Ort Rorschacherberg.
In Rorschach kann man dann aber fein am See entlang promenieren und beispielsweise einen Stopp beim imposanten Firmengebäude des Schraubenherstellers Würth einlegen. Dort gibt es wechselnde Ausstellungen, Kunst, und Vorträge – und einen sensationellen Blick auf den Bodensee. Ein tolles Highlight ist auch das historische Badehaus in Zentrumsnähe, Baujahr 1924 und eines von nur noch drei bestehenden altern Badehäusern am ganzen Bodensee. Jetzt im Herbst ist es natürlich geschlossen, schmiegt sich dafür aber an jenem etwas grauen Vormittag sehr fotogen in den Seenebel.
Ausflugs-Tipp: Heidi-Stimmung überm See
Ebenfalls schön ist eine Fahrt mit der S-Bahn nach Heiden (im Sommer fahren historische Wägen), das einige hundert Höhenmeter oberhalb des Sees liegt. Von dort aus führen zahlreiche Wanderwege wieder hinunter, und so stapft man durch eine Heidi-schöne Landschaft, vorbei an urigen kleinen Häusern mit Schweizer Flagge im Garten und blickt auf den See, der wie ein blasser Spiegel vor einem liegt. Wer mehr Zeit als nur ein Wochenende mitbringt, der sollte auch unbedingt eine Erkundungstour durch das nahe Appenzeller Land starten – Berge und Käse rufen … die Schweiz in Höchstform quasi.
Im Sommer ist natürlich auch eine Schifffahrt auf dem Bodensee Pflicht (Abfahrt im Hafen von Rorschach). Eine schöne Kombi aus Schiff, Wandern, Postauto und Bahn ist drin, wenn man auf die große „Erlebnisrunde“ geht – von Rorschach über das benachbarte Altenrhein (dort befindet sich auch der Flughafen St-Gallen-Altenrhein) über den „Witzweg“ und Heiden wieder hinunter nach Rorschach. Das ist dann auch wirklich eine tagesfüllende Expedition. Die Wanderwege rund um Heiden sind übrigens in den meisten Fällen kinderwagengeeignet.
Über 400 Jahre Geschichte im Wartegg
Und das Schloss Wartegg? Das erwartet uns nach unserer kleinen Wanderung mit Kaffee und Kuchen, in den man am liebsten versinken würde. Im Zimmer liegt ein Buch, das die Geschichte des Schlosses erzählt, ich habe abends meine Nase hinein gesteckt und konnte kaum wieder aufhören. Denn da wurde mir bewusst, in welcher unglaublichen Umgebung wir nächtigen. Gebaut im 16. Jahrhundert hat es so viele Menschen kommen und gehen gesehen, wildeste Geschichten rund um Flüchtlinge der französischen Revolution, Könige, Kaiserinnen und geheime Botschafter, all das liest sich so spannend wie ein Roman und doch ist es die wahre Geschichte dieses Hauses.
Verfallen war es irgendwann und sollte abgerissen werden, der herrliche Park überbaut mit Wohnhäusern, bis jemand kam und dieses Juwel rettete. Es sind die heutigen Besitzer, die daraus das Schlosshotel Wartegg gemacht haben, einen Ort zum Wohlfühlen, an dem jeder willkommen ist.
Auch die Kinder, gerade sie! Das ist wohltuend, ich weiß es sehr zu schätzen, denn ich kenne das auch anders. Aber der Service ist so nett und zuvorkommend, den Kindern wird jeder Wunsch von den Augen abgelesen, sie bekommen Malstifte zum Essen und wie selbstverständlich steht schon immer der Kinderstuhl am Tisch bereit. Ich mag diese unaufdringlichen Gesten des Willkommenseins sehr.
Der Pool ist türkis
Genauso wie übrigens den „Spa“-Bereich, wenn man ihn so nennen kann. Das „Türkise Bad“ stammt aus dem Jahr 1928 – ein großer Pool, türkisgrün gefliest – daher der Name – und nostalgisch ohne Ende. Die Sprudelfunktion wird von einem alten Schiffsmotor angetrieben. Eine herrliche Plantscherei, das finden auch unsere Kinder. Am Nachmittag kann man den ganzen Bereich, der auch eine kleine Sauna und einen Ruhebereich innen und außen umfasst, exklusiv stundenweise mieten. Vormittags steht er allen Hotelgästen offen. Wir beschließen, am Morgen vor der Abfahrt unbedingt nochmal hineinzuhopsen in die türkise Oase.
Dann wird es langsam Abend. Noch ein letzter kleiner Spaziergang durch den Park, die Blätter rascheln unter den Füßen, das Licht wird langsam diffus. Ich denke wieder an die Geschichte dieses Ortes und versuche mir vorzustellen, wie es hier wohl früher war. Vor hundert. Zweihundert. Dreihundert Jahren. Mit Geschichte kriegt man mich immer.
Es ist schön, einmal in solch einem besonderen Hotel zu sein. Genau das fand ich spannend, von Anfang an. Das hier ist nicht glatt und durchgestylt wie so manches andere Hotel, wenngleich ich auch das durchaus gerne mag. Aber genau so soll es sein für hier und jetzt. Es passt alles ganz einfach. Die Kinder spüren es, denn sie fühlen sich wohl, sie merken ganz einfach, dass sie hier willkommen sind. Und genau deswegen kann auch ein Schlosshotel eine gute Adresse für Familien sein.
Ich denke an die Menschen, die wohl hier schon entlang geschritten sind, gegangen, gelaufen. Jetzt machen wir hier Urlaub. Es fühlt sich besonders an. Und als ich noch einmal die lange Auffahrtsallee entlang blicke, ist mir fast, als hörte ich das Hufgetrappel der Kutschpferde, die dem Schloss entgegen traben.
INFO
Schlosshotel Wartegg (***)
Familienzimmer ab 184 CHF (etwa 170 Euro) inklusive Frühstück. Kinder bis 6 Jahre sind kostenfrei, von 7 bis 16 zahlen sie 40 CHF pro Nacht. Die Halbpension kostet pro Person zusätzlich 54 CHF. Doppelzimmer kosten ab 165 CHF pro Nacht (pro Zimmer und inklusive Frühstück).
Anreise: Von München aus in etwa zwei Stunden über Bregenz. Auch die Bahnverbindungen sind okay – von München aus kommt man mit einmal Umsteigen in knapp 3 Stunden nach Rorschach.
Weitere Infos findet ihr auf der Hotel-Website. Dort gibt es auch einen Überblick über die spannende Historie von Schloss Wartegg. Das Schloss gehört übrigens zu den Green Pearls, einem Zusammenschluss nachhaltiger Hotels weltweit.
Meine Extra-Tipps
Das Hotel bietet auch für Feiern und Seminare viel Platz und wunderschöne Räumlichkeiten. Heiraten in diesem Ambiente stelle ich mir grandios vor (und da ich schon seit geraumer Zeit verheiratet bin, bleibt’s bei der Vorstellung:)).
Der Herbst ist eine tolle Jahreszeit, um den Schlosspark und die Umgebung zu erkunden (die Fotos sprechen hoffentlich für sich). Wer gerne draußen ist, sollte sich aber auch das Frühjahr und natürlich vor allem den Sommer für einen Trip ins Wartegg zurechtlegen. Dann kann man im fünf Gehminuten entfernten Strandbad im See baden und auf der lauschigen Terrasse mit Blick aufs Wasser oder an einem der Holztische im Park sitzen, während die Kinder im Park herumflitzen.
Wer ohne Kinder kommt, sollte sich das Zimmer 307 im obersten Stock merken. Es liegt schön gemütlich unterm Dach, bietet einen tollen Blick direkt auf den See und hat als witziges kleines Gadget ein separates Badezimmer mit Jugendstil-Badewanne auf der anderen Seite des Flures.
Und Achtung: Das Wartegg bietet immer wieder Preis-Specials an, die einen Blick wert sind. Auf der Webiste oder via Newsletter zu bekommen.
Hinweis: Dieser Post entstand in Zusammenarbeit mit dem Schlosshotel Wartegg und Green Pearls. Das bedeutet, dass ich und meine Familie vom Hotel eingeladen wurden und wir kostenlos dort übernachten und essen durften, um für diesen Artikel zu recherchieren. Alle weiteren Kosten haben wir selbst übernommen.