Vor kurzem geriet ich mal wieder in eine dieser Diskussionen, die im Grunde total unnötig sind, die aber trotzdem ständig aufkommen. Das Ganze fand online statt, auf einem dieser Kanäle, auf denen man sich und sein Leben gerne präsentiert und sich dabei in besonders glänzendem Licht erscheinen lässt.
„Fremdbetreuung“ ja oder nein? Nur eines dieser ewigen Themen.
Kurz umrissen ging es darum, dass Mutter A ihre wohlgeratenen Kinder herzeigte und dabei anmerkte, dass es ein Segen sei, dass sie die zu Hause betreuen könne. Dass es nur leider nervig sei, dass alle ständig fragen würden, warum denn bitte die Kinder nicht in den Kindergarten gehen. Und dass es ja ein Unding sei, dass man sich dafür mittlerweile immer rechtfertigen müsse.
Das fand Mutter B gut, denn auch sie kannte diese Situation und lobte Mutter A überschwänglich dafür, für ihre Position einzustehen. Mutter C hingegen empfand die Aussagen als negativ gegen sie gerichtet und reagierte entsprechend verschnupft. Das Ganze weitete sich natürlich aus, bis auch Mütter D bis XY ihren Senf dazu gegeben hatten. Und, ja, es fielen dann auch solche Reizwort-Sätze wie „Wenn man sich nicht um seine Kinder kümmern will, sollte man einfach keine bekommen.“
Man nennt es: Mommy Wars
Natürlich gibt es längst einen Begriff für diese Art von digitaler Auseinandersetzung: Mommy Wars. Also der Krieg unter Müttern, die lieber gegeneinander als miteinander agieren. Themen gibt es genug – Kinder groß zu ziehen ist ein weites Feld. Die Väter sind wohl schlau genug, sich erst gar nicht von aussichtslosen Grabenkämpfen die Zeit und die Energie rauben zu lassen. Oder sie hängen ganz einfach nicht so ausschweifend auf Instagram herum. Von Daddy Wars zumindest habe ich noch nie was gehört.
Sind wir so, weil wir Mütter sind?
Ich frage mich immer, wenn ich ein solches Scharmützel mitbekomme, was uns Mütter denn nur dazu verleitet, zu denken, unser Lebensstil sei der einzig wahre und richtige. So dass man ihn nun bei jeder Gelegenheit missionarisch verbreiten muss. Und einen Schritt weiter gedacht: Waren wir immer so? Oder bringt einen die Rolle als Mutter dazu? Ich kann mich zumindest nicht erinnern, dass ich mich als Studentin oder Endzwanzigerin mit Stress-Job und noch ohne Kinder jemals für etwas rechtfertigen musste. Zumindest nicht in einer öffentlichen Diskussion darüber, wie man sein Leben gestaltet.
Woran liegt es also, dass wir denken, wir wüssten immer alles besser? Ich vermute, dahinter steckt auch viel Unsicherheit und der Wunsch nach Bestätigung und Anerkennung. Was es trotzdem nicht besser macht. Denn wenn wir mal ehrlich sind, leben wir alle gerne in unserer wohligen Filterblase. Die zum Platzen zu bringen, täte manchmal schon ganz gut.
Dann würde Mutter A vielleicht erkennen, dass es eben Menschen gibt, die keine andere Wahl haben, als ihre Kinder in der Kita betreuen zu lassen. Weil sie nämlich arbeiten müssen, um finanziell über die Runden zu kommen. Und Mutter C würde es einfach so stehen lassen, dass es halt Mamas gibt, denen es wichtig ist, sich komplett selbst um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern.
Ich bin raus. Zumindest versuche ich es.
Ich versuche mich weitestgehend aus diesen Krisengebieten fernzuhalten. Auch wenn es mir dann manchmal schon schwerfällt, die Finger still zu halten und nicht doch einen Kommentar abzulassen.
Und wenn es nur der wäre: Jetzt legt ihr bitte alle mal eure Telefone und Laptops weg, geht zum Kühlschrank und holt euch ein Bier raus. Und dann stellt ihr euch vor, es wäre wieder das Jahr 2000 plus x, ihr steht in einer ranzigen WG-Küche und habt es endlich geschafft, mit dem heißesten Typen der Party ein Gespräch anzufangen. Würdet ihr dem was von Langzeitstillen und bindungsorientierter Erziehung erzählen? Nein? Na bitte.
Vielleicht ist das Leben ja doch mehr als wir gerade meinen. Wir sollten uns nur ab und zu dran erinnern. Und dann einfach mal die Blase anpieksen und schauen, was passiert.
Foto Katherine Hanlon / Unsplash
Dieser Beitrag ist Teil meiner regelmäßigen Seite 4 Kolumne für das Zwergerl Magazin, das alle zwei Monate für die Metropolregion München und das Oberland erscheint und kostenlos überall dort zu haben ist, wo sich Kinder und Eltern gerne aufhalten.