Dieser Text erschien Anfang Mai im Rahmen meiner Familien-Kolumne im Zwergerl Magazin. Als ich ihn geschrieben habe, war der Lockdown noch in vollem Gange und keiner wusste, wie es weitergeht mit dem Thema Schule und Kinderbetreuung. Mittlerweile haben sich die Wolken an vielen Stellen schon wieder gelichtet. Schule, Kindergarten und Krippe ist hier aber trotzdem noch nicht – und ich bin gespannt, wie es nach den Pfingstferien weitergeht.
Was mich diese Corona-Wochen gelehrt haben, ist vor allem eines: Wie fragil unser tägliches Ringen um Vereinbarkeit ist. Und wie schnell es zum Einsturz gebracht werden kann. Homeschooling (also so richtiges – nicht nur das Abarbeiten von einer paar Arbeitsblättern) geht nicht gleichzeitig mit der Betreuung kleinerer Kinder und einem eigenen Job. Selbst wenn beide Elternteile im Homeoffice sind. Ich wünsche mir wirklich sehr, dass wir daraus lernen. Dass die Gesellschaft daraus lernt. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema, über das es einen eigenen Text geben wird. Hier kommt erst einmal mein Erfahrungsbericht über den Start unserer Homeschooling-Phase in den Zeiten von Corona.
Wie das Homeschooling zu uns kam
Homeschooling ist eines der Wörter, denen wohl gerade eine rasante Karriere zum Wort des Jahres bevorsteht. Bisher war Homeschooling ein Begriff, den ich mit Stay at Home Moms im Mittleren Westen der USA in Verbindung brachte, die auf ihren Instagram-Profilen den Leitspruch „In love with Jesus“ prangen haben. Oder mit abenteuerlichen Menschen, die mit ihrer gesamten Familie jahrelang auf Weltumseglung gehen und ihre Kinder auch bei Windstärke 9 noch unterrichten.
Aber dann kam der März 2020, es kam das Corona-Virus, die Schulen im ganzen Land machten dicht und damit kam das Homeschooling hoppldihopp auch zu uns. An und für sich klang das erst mal alles nicht so dramatisch. 5 Wochen, davon 2 Wochen Osterferien, alles irgendwie machbar. Sommerferien sind noch länger. Arbeitszeiten würden wir irgendwie aufteilen. Das Tochterkind arbeitet schon recht selbstständig. Sie geht auf eine Montessori-Schule, da ist Freiarbeit sowieso die gängige Unterrichtsform.
Ein Plan muss her!
Also, alles mal auf sich zukommen lassen. Wird schon! Ich bin ja grundsätzlich sowieso eher in der Fraktion Glas-halb-voll. Nachdem das erste Wochenende nach dem Schul-Shutdown ins Land gezogen war, gab es auch schon allerhand gute Tipps zum Thema „Wie organisiere ich die Schule zuhause“. Ganz wichtig, da waren sich alle einig, wäre ein Plan. Also machte ich einen Plan: einen für das Töchterlein, der sich am Stundenplan orientierte (ja, da waren dann auch Kunst und Sport mit drin) und einen für die ganze Familie. Wer arbeitet wann, wann sind Pausen, wann wird gegessen, wann ist Spielzeit, wann Medienzeit – volles Programm.
Der Montag kam, der Plan hing an der Wand, die Mutter war stolz, alles so gut vorbereitet zu haben. Homeschooling, here we go! Das Tochterkind saß also brav an ihren Aufgaben, die beiden Jungs waren zum Basteln eingeteilt. Leider entsprach das zwar meinen, aber nicht ihren Vorstellungen. „Mama, können wir ein Hörspiel anhören?“, fragte der Kindergarten-Bub nach etwa 30 Sekunden. Das Krippenkind nickte dazu eifrig, auch wenn es noch gar nicht weiß, was ein Hörspiel überhaupt ist. „Hm, na gut. Aber wir stellen es ganz leise, damit das eure Schwester nicht stört.“
Learning: Unterricht ist was anderes
Sagte ich leise? Nach 10 Minuten stand das Tochterkind im Zimmer und wollte mithören. Aufgaben? Ja, hätte sie gemacht. Sagte sie. Ich guckte ins Heft und sah eine schludrig dahingeschmierte Seite. So langsam schwante mir, dass die nächsten Wochen ziemlich hart werden würden. Denn all die Weltumsegler und Midwestern-Moms wissen natürlich, dass Homeschooling sehr viel mehr ist, als das Kind eine Seite mit dem Buchstanden Z in Schreibschrift vollmalen zu lassen.
Homeschooling im eigentlichen Sinn bedeutet, dass man sich dazu setzt. Erklärt. Verbessert. Unterstützt. Ja, man UNTERRICHTET. Man begleitet das Kind nicht nur dabei, ein paar Arbeitsblätter auszufüllen und dann noch mit Blümchen und Schmetterlingen zu bemalen. Während gleichzeitig zwei wilde Jungs die Bude auseinander nehmen und jede Bemühung, didaktisch wertvolle Inhalte zu vermitteln mit ihrer Kleinkind-Energie direkt torpedieren.
Lernen? Geht auch anders
Seufzend denke ich daran, während ich diese Zeilen schreibe, dass es zwei Großmütter gibt, die beide pensionierte Grundschulehrerinnen sind und die zuhause sitzen und sich langweilen. Nur leider gehören sie alleine wegen ihres Alters zur Risikogruppe und fallen daher als Ersatzpädagogen aus.
Also müssen wir alleine da durch. Vieles hat sich mittlerweile dann doch eingegroovt. Wir lernen vielleicht ein paar andere Dinge als der Lehrplan es vorgibt, aber die sind ja mitunter nicht schlechter. Ein Spielhaus im Garten bauen zum Beispiel. Oder eine Kette aus Löwenzahn-Blüten flechten. Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir! Sagt man doch so schön, oder?
Alles wird gut. Auch beim Homeschooling
Ich schreibe diese Zeilen Mitte April 2020. Erste Konzepte für eine vorsichtige Öffnung der Schulen in Bayern gibt es nun – aber wie es bei unserer Zweitklässlerin weitergeht und wie nachhaltig diese Konzepte überhaupt sein werden, ist unklar. Wir nehmen es, wie es kommt. Auch der Kleinste hier macht mit und erweitert seine Fähigkeiten gerade rasant. Er lernt nämlich gerade sprechen und das direkt mit den wildesten Worten. „Mama ich dich lieb!“ ist mein klarer Favorit. Kurz darauf haut er dann noch sein Neuestes raus: „Mundschutz“. Wo er das wohl her hat?
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Die Ausgabe Mai und Juni vom Zwergerl Magazin gibt es zum ersten Mal als rein digitale Ausgabe. Blättert da unbedingt mal rein! Neben Tipps gerade für den Alltag in den verrückten Corona-Zeiten gibt es auch einen digitalen Veranstaltungskalender für Events, die nun digital stattfinden, und das regelmäßige Baby & Bauch Special rund um Schwangerschaft, Geburt und die erste Zeit mit Baby.