… da bist du ja wieder. Hast ein schönes Wetterchen mitgebracht, so richtiges Novemberwetter. Eins, bei dem es einen sogar fröstelt, wenn für kurze Zeit tatsächlich mal die Sonne scheint. Den ersten Schnee, und zwar nicht nur ein paar Flocken, sondern eine schöne, fluffige Schneedecke.
Du hast es nicht einfach, ich versteh das schon. Zwischen all den anderen Monaten, die so viel Besonderes bieten, jeder auf seine Art und Weise, bist du immer irgendwie das Stiefkind. Du bist ein Zwischenmonat. Nicht mehr richtig Herbst, aber auch noch nicht Winter. Grau und neblig, nicht leuchtend und voller Vorfreude auf Weihnachten wie dein Nachfolger, der Dezember.
Du bist derjenige, der uns immer schmerzvoll den Abschied von den letzten schönen, warmen Tagen des Jahres bewusst macht. Manchmal hast du ein Einsehen, da bist auch du noch golden und mild. Aber, wenn du willst, so wie jetzt gerade, dann fährst du deine Krallen aus und erinnerst uns daran, dass bald die dunkelste Nacht des Jahres bevorsteht.
Ich las einmal eine Studie, nach der Novemberkinder diejenigen Menschen sind, die am meisten krank sind. Am gesündesten, wen wundert’s, sind die Mai-Kinder. Ach, herrlicher Mai, voller Blüten und Blumen, voller Leben und Farbe und Licht! Da kommst du natürlich nicht mit, da hältst du dagegen, verschluckst die Farben wo du nur kannst. Die bunten Blätter des goldenen Herbstes hast du abgeschüttelt von den Bäumen, jetzt liegen sie unten im Dreck, werden zertreten und zermatscht und fortgeblasen vom Wind.
Schneeflocken bringst du mit, aber wir fühlen es genau, das ist noch kein richtiger Winter. Alles verwandelt sich zu grauem Matsch, überall klebt er, die Kinder tragen jetzt wieder gefütterte Gummistiefel und Strumpfhosen. Deine Kälte kriecht uns ins Genick und unter die Sohlen, wir drehen die Heizung höher und werfen ein paar Scheite Holz ins Feuer.
Wir denken dran, dass ja so bald schon wieder Weihnachten ist und dass wir dieses Jahr alles schon viel früher beginnen wollen. Die Plätzchen. Die Geschenke. Den Adventskalender. Und merken irgendwie, dass wir es doch nicht auf die Reihe bekommen, weil du uns so träge werden lässt, du blasser, energieloser Zwischenmonat.
Ach November, vielleicht wünscht du dir manchmal in deinen kalten Nebelnächten, dass du so wärst wie deine Brüder und Schwestern. Wie der Februar mit seine ersten zarten Frühlingsboten. Wie der April mit seinen weiß-blauen Wolkenspielen. Wie der Juli mit seinen flirrenden Hochsommer-Tagen. Wie der September mit seinen goldenen Farben.
Und doch bist du, was du bist.
Ein Monat der Ruhe und der Zeit, die man sich für sich selbst nimmt. Ein Monat, in dem wir einmal nicht allem hinterher jagen müssen. Ein Monat, in dem man mit einer Tasse Tee am Kamin sitzt und ins Feuer sieht. Ein Monat für all die Dinge, die man ständig aufschiebt, weil man nie Zeit dafür hat. Ein Monat, der uns kein schlechtes Gewissen macht, wenn wir einfach mal in den Tag hineinleben. Weil nicht ständig Angst haben, etwas zu verpassen. Die Frühlingsboten, die Himmelsspiele, die Hochsommertage, die goldenen Farben.
Und du bist der Monat, der mich zum zweiten Mal zur Mutter gemacht hat. Ich erinnere mich sehr genau an den Moment, an dem ich mein wenige Stunden altes Baby im Arm hielt und aus dem Fenster des Klinikzimmers sah. Der Baum davor trug noch Blätter. Sie leuchteten in der Sonne. Der milden, goldenen, wärmenden Novembersonne.
HAPPY BIRTHDAY, KLEINER MANN! ♥♥♥ Mein kleiner Skorpion, mein Tragebaby, mein krabbelndes und brabbelndes Kleinkind. Zwei Jahre bist du nun in meinem Leben. Keine Sekunde davon möchte ich missen. Heute vor zwei Jahren hielt ich dich zum ersten Mal in meinem Armen, ich nahm deine winzige Hand, sah in in dein zerknautschtes Gesicht und mein Herz hüpfte und liebte so sehr, wie es nur ein Mutterherz vermag. Und dein Strahlen, dein Lachen, deine kindliche Freude über so vieles sind der Beweis dafür, dass über dem Nebel immer auch die Sonne scheint. Mein geliebtes Novemberkind.