Vor ein paar Wochen hatte der Mann Besuch von seinen Jungs. Wobei, Jungs ist gut. Die Kerle sind mittlerweile Enddreißiger, haben Familie und Jobs und genau darum ging es irgendwann in der Runde. Die Männer sprachen darüber, wie man die Elternzeit sinnvoll nutzen kann und wie man es grundsätzlich schafft, das Familienleben so zu gestalten, dass keiner dabei auf der Strecke bleibt.
Während ich ihnen so dabei zuhörte, fand ich es erst total rührend, dass sie sich solche Gedanken machten. Wie auch sie die Frage nach der Vereinbarkeit umtreibt. Wie sie alle gute Väter sein wollen und gleichzeitig aber auch gute Ärzte, Architekten, Pädagogen, Handwerker oder Manager.
Und als sie mitten drin waren und gerade darüber diskutierten, ob es nicht gut wäre, wenn man die Elternzeit nacheinander nehmen würde, wurde mir plötzlich klar: Das alles ist gar nicht zu schaffen. Punkt. All die vielen Diskussionen darüber, wie man es hinbekommt, Familie und Beruf zu vereinbaren – sie drehen sich ja doch nur im Kreis. Und am Ende hat der Tag immer noch nur 24 Stunden.
Wer macht mehr: Mama oder Papa? Braucht es diese Frage wirklich?
Man kann einfach nicht gleichzeitig im Büro und auf dem Spielplatz sein. Irgendeinen Kompromiss muss man eingehen, ob man will oder nicht. In diesem Moment wurde mir das klarer als jemals zuvor. Es liegt an uns, diesen Kompromiss so zu gestalten, dass wir uns als Familie damit wohlfühlen – und dazu gehören eben alle. Frau, Mann, Kinder.
Es stimmt: Die Hauptlast der häuslichen Care-Arbeit tragen immer noch die Frauen. Wir sind es, die die Geschenke für die Kindergeburtstage besorgen, die Termine für die U-Untersuchungen im Kopf haben, die den Wocheneinkauf machen und die Waschmaschine bestücken. All das schlaucht, ich spreche aus Erfahrung. Auch ich habe schon das ein oder andere Mal geheult, weil ich dachte, ich kann nicht mehr. Und keiner dankt es dir.
Aber dann sehe ich eben die Väter. Allesamt, wie sie da sitzen und versuchen immer alles gleichzeitig zu sein. Vater. Freund. Gefährte. Ernährer. Auch sie tragen eine Last, die nicht immer leicht ist. Der Balanceakt zwischen all den Herausforderungen, zwischen Beruf, Familie und all dem, was noch dazu gehört zum Alltag, kann dich auch als Mann auffressen.
Irgendwo muss man Abstriche machen
Und das ist es wohl, was mir in diesem Moment bewusst wurde: Egal ob Mütter oder Väter – „Vereinbarkeit“ schafft man nur, wenn man bereit ist, Abstriche zu machen. Wir können uns keine Tage kreieren, die mehr als 24 Stunden haben. Wir können nur versuchen, uns die Zeit, die wir haben, so sinnvoll wie möglich zu gestalten. Und wir sollten unseren Kopf frei bekommen von der fixen Idee, dass man immer alles schaffen kann, wenn man nur will. Das führt nämlich eher in die Sackgasse namens Burn-out.
Es gibt in der Soziologie den Begriff der Rush hour des Lebens. Gemeint sind die Jahre zwischen Ende 20 und Ende 30. In diesen sollen wir alles erledigen. Karriere machen (und sie behalten). Eine Familie gründen. Sesshaft werden. Ein Haus bauen. Einen Baum pflanzen. Als Frau steckt man in dem Dilemma, dass das oftmals auch die Zeit ist, in der man Kinder bekommt. Wobei es ehrlich gesagt auch eine heilsame Erfahrung sein kann, das Tempo zwangsläufig zu drosseln. Weil Kinder sich dieser Rush Hour ganz gerne einfach mal verweigern. Währenddessen ziehen aber unsere Männer fleißig weiter ihre Runden in der irren Achterbahn – und das sollten wir nicht vergessen.
Vereinbarkeit ist auch deswegen ein schwieriges Stichwort, weil es so viele Perspektiven und Lebensmodelle gibt. Weil jeder auf seine Art und Weise herausfinden muss, was ihm gut tut. Am Ende des Tages schauen wir uns dann mit müden Augen an und wissen, dass wir (zumindest gefühlt) schon wieder nicht alles geschafft haben.
Einfach nur dieses eine Wort: Danke
Und genau dann fühlt es unglaublich gut an, einfach mal zum anderen zu sagen: „Danke für alles, was du den ganzen Tag für uns tust.“ Probiert es aus! Für mich ist das der wahre Kern von Vereinbarkeit: Dass wir erkennen, was wir aneinander haben. Und dass es immer nur gemeinsam geht.
Lieber Mann, wenn du das liest: Dieser Text ist für dich. Danke. Für alles.
Der Text ist zuerst erschienen im Rahmen meiner Kolumne fürs Zwergerl Magazin in der aktuellen Ausgabe Mai/Juni. Dort schreibe ich regelmäßig über das Leben und denn Alltag als Mama von Dreien. Von den Höhen und den Tiefen, all den lustigen, inspirierenden und nachdenklich machenden Momenten im Familienleben.