Wandern mit kleineren Kindern ist gar nicht so einfach. Denn die kleinen Beine können einfach noch nicht so lange gehen, selbst wenn der Spaß dabei groß ist. Als Babys und Kleinkinder konnte man sie noch prima in der Kraxe auf dem Rücken tragen, aber irgendwann werden sie eben zu schwer – und dann ist selber laufen angesagt. Wie man es schafft, dass dabei dann mehr herauskommtt als ein kleiner Spaziergang und wie man sogar richtig hoch hinaus kommt? Ganz einfach: Man teilt die Wegstrecke auf. Christina, zweifache Mama aus München, war mit ihrer Familie und guten Freunden drei Tage auf dem Salzburger Almenweg unterwegs und erzählt hier von ihren Erfahrungen:
Drei-Tages-Tour auf dem Salzburger Almenweg
„Ich ziehe meinen Hut vor euch!“ „Ihr habt meine Hochachtung“ „Ganz toll, wie ihr das macht!“
Emilia und Maxi wachsen mit jedem Kompliment drei Zentimeter, auch wenn wir noch gar nicht die erste Hütte erreicht haben. Wie Zwillinge wandern die zwei Fünfjährigen mit ihren zwei grünen Waldfuchsrucksäcken den Berg hinauf, immer auf der Suche nach Gummibärchen, die „der Troll“ fallengelassen haben könnte.
Wir sind zu acht unterwegs, zwei Familien mit je zwei Kindern, auf unserer ersten mehrtägigen Hüttentour, inspiriert von einem Artikel in der Eltern for family über den Almenweg im Großarltal (Österreich). Als bergbegeisterte Münchner haben unsere Kinder schon die eine oder andere Tour gemacht, aber das hier ist Neuland. Allein das Packen war spannend, denn wir haben neben den „Großen“ noch zwei Kraxen-Zwerge im Alter von 18 Monaten dabei, die über die Schultern ihrer Papas lugen.
Tag 1: Kurzer Aufstieg zur Filzmoosalm
Der Weg von Großarl zur Filzmoosalm, unserer ersten Übernachtungsstation, ist einfach zu gehen. Am Wanderparkplatz in Grund (Grundlehen) geht es durch ein Holztor mit Verzierungen. Startschuss für „unseren“ Almenweg. Zunächst als schmaler Pfad, später als breite Forststraße, dann wieder schmaler, geht es immer sanft bergauf. Unendlich viele Schmetterlinge begleiten uns und setzen sich den Kindern auf die T-Shirts. Große Begeisterung.
Nach etwa einer Stunde machen wir Rast, wohlwissend, dass die Hütte nicht mehr allzuweit weg ist. Aber der Weg ist das Ziel und die Kraxenzwerge wollen sich auch mal bewegen. Der kleine Karl nimmt das gleich so ernst, dass er die restlichen Höhenmeter bis zur Hütte nahezu allein auf seinen wackeren Beinchen bewältigt. Emilia und Maxi gehen voran und heimsen von den absteigenden Wanderern Komplimente ein. Die Papas auch, weil sie die Kraxen tragen…
Die Filzmoosalm (1710m) ist eine absolut urige Hütte. Zum Entzücken der Kinder gibt es einen Spielplatz mit Wippe und Schaukel, ein kleines begehbares Streichelgehege in dem mindestens 10 Kaninchen hin und her hoppeln und eine „Kinderküche“ an der Stirnseite der Hütte. Davor helle Holzbänke und Tische mit gelben Schirmen und eine schöne Aussicht in das, was uns wandertechnisch morgen erwartete. Wir lassen uns fallen und genießen.
Wir sind die einzigen Übernachtungsgäste und Karl, der Hüttenwirt, bekocht uns abends aus großen Töpfen und Pfannen mit herzhaften Quarkknödeln und Kaiserschmarrn. Die sonst etwas wählerischen Fünfjährigen hauen rein und murren auch nicht, dass sie das Essen nicht selbst bestimmen durften.
(>> Grundlehen – Filzmoosalm, 370 Hm im Aufstieg, reguläre Gehzeit ca. 1 Std)
Tag 2: Im Regen zur Tappenkarseehütte
Am nächsten Morgen reicht es noch für ein Frühstück in der Sonne, dann zieht es zu. Wir machen uns zunächst durch den Wald, dann über Wiesen auf den Weg zum Filzmoossattel (2062m), wobei schon deutlich mehr Zureden und „Streugut“ (Maoam oder Gummibärchen) notwendig sind, um Emilia und Maxi zum Gehen zu motivieren. Der Weg zum Sattel zieht sich, weil man immer den Eindruck hat, man wäre gleich da, um dann noch eine Geländekante mehr zu sehen. Endlich sind wir oben, es pfeift. Alle werden gut eingepackt und es gibt Brotzeit.
Plötzlich erste Tropfen und ein leichtes Grollen in der Ferne. Wir werfen uns alle in Regensachen und es geht weiter. Was anfangs ein leichter Schauer war, verwandelt sich in einen ordentlichen Regen, der vorerst nicht wieder aufhört, während wir vom Sattel absteigen. Nach kurzer Lagebesprechung an der Verzweigung zum Draugsteintörl (wie geplant aufwärts oder abwärts zur Draugsteinalm, die aber voll ist, wie wir wissen) gehts weiter bergauf. Die Kinder nehmen es sportlich. Emilia und ich singen nonstop Kinderlieder, bis wir nach ca. 25 Minuten zügigem Aufstieg das Draugsteintörl (2077m) erreicht haben. Oben sagt sie zaghaft, dass ihr die Ferse weh tut. Im Wind kleben wir Blasenpflaster und warten auf Maxi.
Eine Kulisse wie gemalt am Tappenkarsee
Während die Papas mit den Kraxenkindern etwas Richtung Tappenkarseehütte (1820m) „beschleunigen“, damit die Kleinen nicht zu sehr auskühlen, gehen wir Mamas mit den Großen langsamer hinterher. Die Sonne kommt wieder raus und es eröffnet sich uns eine großartige Kulisse: der Tappenkarsee, inmitten von Berggipfeln. Eine alpine Szenerie, die man mit zwei Fünfjährigen in einer Tagestour nicht erreichen würde. Wir steigen stetig ab. Erst ganz zum Schluss wird das Dach der Hütte sichtbar. Die Kinder sind sehr sehr stolz als sie ihre schlammigen Bergstiefel auf die Terrasse der Hütte setzen.
Die Alpenvereinshütte brummt. Nass geworden sind außer uns noch viele andere, der Trockenraum platzt aus allen Nähten, die Wäscheleine vor der Tür auch. Es gibt neue Zimmer mit Doppelstockbetten, Wiener Schnitzel und Pommes, Apfelstrudel. Eine Terrasse zum Rumtoben, aber keinen Spielplatz. Egal, für heute ist der Bewegungsdrang nahezu erschöpft. Wir haben die kleinsten Gäste dabei und fallen auf. „Da mutet ihr euch ganz schön was zu!“ hören wir mit einem Augenzwinkern.
(>> Filzmoosalm – Filzmoossattel – Draugsteintörl – Tappenkarseehütte, reguläre Gehzeit ca. 4 Std.)
Tag 3: Übers Karteistörl ins Tal
Nach einem ordentlichen Frühstück am nächsten Morgen geht es bei strahlender Sonne stetig bergauf über Wiesenhänge zum nächsten Sattel, dem Karteistörl (2149m). Die prächtige Aussicht in alle Richtungen ist perfekt. Man merkt jedoch, dass es sich um Tag 3 handelt. Es ist viel Motivation notwendig, um Emilia zum Marschieren zu bewegen. Maxi hingegen trottet bergauf und findet ständig neue Naturwunder, die er sich anschaut. Erst nach Ankunft am Törl platzt bei Emilia für heute der Knoten und sie stapft direkt weiter über den Grasgrat nach oben, um mit Papa eine „noch bessere“ Aussicht zu genieflen.
Vom Karteistörl geht es nur noch bergab. Zunächst etwas steinig, mit noch vielen Ausblicken. Später auch etwas matschig, vorbei an unaufgeregten Kühen, über saftige Almwiesen, durch reichlich tragende Blaubeerbüsche. Wir kämmen im Vorbeigehen die Blaubeerbüsche und essen direkt von der Hand in den Mund. Super Stärkung – und Ablenkung. Auch die Kraxenzwerge strecken immer wieder die Hände nach den blauen Beeren aus. Auf Höhe der Karteisalm (1661m, nicht bewirtschaftet) machen wir eine lange Pause und wir Eltern sondieren unsere letzten „Streugut-Troll-Vorräte“. Wir werden sie brauchen.
Schließlich endet unser Pfad und mündet auf einer Forststraße, die uns die letzten 20 Minuten hinunter zum Wanderparkplatz Hallmoosalm (ebenfalls nicht bewirtschaftet) bringt. Die Sonne brennt und die Kinder fantasieren von Eis, auf das sie jedoch noch bis Großarl warten müssen. Am Schlagbaum großes Abklatschen, wir beglückwünschen die Kinder. Sie sind großartig gelaufen, teils mit Murren, aber immer wieder aufs Neue begeistert.
(>> Tappenkarseehütte – Karteistörl – Karteisalm – Wanderparkplatz Hallmoosalm, reguläre Gehzeit ca. 3 Std.)
Mit dem Taxi-Shuttle zurück
Elisabeth von Taxi Aigner holt uns an der Hallmoosalm mit dem Wandertaxi ab und fährt uns zurück nach Grund. Emilia und Maxi dürfen auf Sitzerhöhungen vorne sitzen. Sie wachsen nochmal drei Zentimeter. Und als Elisabeth fragt, ob es denn Spaß gemacht hat und sie bald mal wieder zum Wandern kommen, überschlagen sich die beiden unisono „Na klar, war ganz toll, das machen wir wieder!“
Nützliche Links
Auf der Website des Tourismusamtes Großarltal findet man alle Infos zum Almenweg. Die Website der Filzmoosalm und der Tappenkarseehütte enthalten ebenfalls einige Basic-Infos (Achtung, Stand Juli 2018: Auf der Filzmoosalm kann man derzeit nicht übernachten, da die Hüttenwirte kürzlich Nachwuchs bekommen haben – einkehren auf eine leckere Mahlzeit kann man aber). Infos zum Wandertaxi für den Transfer Großarl/ Grundlehen – Hüttschlag/ Hallmoosalm findet ihr hier.