Am Samstag wurde der Baby-Bub getauft. Katholisch. Wie seine Schwester. Man kann sagen: Das ist eben ein Ritual, das dazu gehört. Immerhin, wir leben in Bayern! Aber wenn ich mich so umsehe und -höre, dann ist es eben nicht mehr so normal. In einer Zeit, in der man eher schräg angeschaut wird, dass man überhaupt noch in der Kirche ist, gehört für viele die Taufe eben auf den Index. Wenn überhaupt, dann überlässt man dem Kind die Entscheidung, ob es einmal getauft werden möchte. Das heißt: Man wartet lieber mal ab.
Die Taufe und unsere Welt. Passt das noch zusammen?
Gestern wurde nun auch in Monaco getauft, die beiden Fürsten-Zwiliinge, großer Bahnhof und so weiter, alles gut und schön. Ich las dazu einige Artikel, passte ja so gut mit unserer eigenen Taufe, und dazu auch einige Kommentare. Ich glaube, das Feedback war eindeutig. Taufe ist was Überholtes, das einfach nicht mehr in unsere säkulare Welt passt.
Natürlich hat sich das die (christliche) Kirche, zumal die katholische, in erster Linie höchstselbst zuzuschreiben. Missbrauchsfälle, Verschwendungssucht, die unsägliche Kirchensteuer … Kirche ist so was von out. Warum also soll ich mein Kind taufen lassen?
Die Kinder lieber selbst entscheiden lassen?
Ja. Warum. Die Frage habe ich mir auch gestellt. Die Kinder selbst irgendwann entscheiden zu lassen, ist an sich eine gute Idee. Wenn sie alt genug sind, dann können sie überlegen, ob sie mitmachen wollen in diesem „Verein“ namens Kirche. Oder eben nicht. Nur irgendwie sollte einem schon klar sein, dass sie das wohl in den meisten Fällen nicht tun werden. Als Kinder wird es sie vielleicht noch interessieren, dann sind sie Jugendliche, da ist das alles ohnehin „Bäh“. Und als Erwachsene, da denkt man dann: Jetzt ist es auch zu spät.
Im Grunde ist es ja auch kein Problem, nicht in der Kirche zu sein. Die Werte unserer Gesellschaft, die funktionieren auch ohne diese „Mitgliedschaft“. Den Part der Religion haben längst andere Institutionen eingenommen. Und trotzdem kann ich mir nicht helfen. Ich bin kein gläubiger Mensch im klassischen Sinne. Aber ich mag die Idee einer spirituellen Kraft, die etwas Großes, etwas Allumfassendes ausstrahlt. Die uns daran erinnert, dass wir eben nicht alles verstehen können und müssen. Die uns Halt gibt, auch wenn es völlig irrational ist, an so etwas zu glauben.
Religion, Kirche und Glaube. Wie stehe ich dazu?
Irgendwann habe ich begonnen, in den Kirchen, die ich besuche, Kerzen anzuzünden. Für meine beiden verstorbenen Omas. Zwei Stück, für jede eine Kerze. Es liegt etwas Tröstliches in solch einem Ritual. Ich mag die Ruhe und Stille in der Kirche und ab und an gehe ich einfach so nach nebenan. Da steht St. Maximilian, unsere „Notre Dame“ an der Isar. Die Kirchengemeinde hat einen wunderbaren Pfarrer, der eben keiner ist, der die Menschen vergrault. Sondern einer, wegen dem sie kommen. St. Maximilian ist ein Grund, warum unser kleiner Maximilian getauft wurde (den Namen hat er übrigens aus anderen Gründen:-)). Weil in solchen Gemeinden deutlich wird: Kirche geht auch anders.
Ich sehe, wie offen meine kleine Tochter mit Kirche umgeht, wenn wir in die Kinderkirche gehen (das machen wir seit ein paar Wochen). Wie wenig Berührungsängste sie hat. Wie spannend sie die Geschichten findet. Und das mit noch nicht einmal drei Jahren. Will ich das meinen Kindern vorenthalten?
Woher wir kommen. Und wohin wir gehen.
Denn sind wir mal ehrlich. Unsere europäische Kultur ist eine Kultur der christlichen Religion. Was auch immer in den vergangenen zwei Jahrtausenden passiert ist: Es hatte mit dem Christentum zu tun. Ohne Religion wäre unsere Gesellschaft nicht so wie sie ist. Nicht falsch verstehen: Ich heiße nichts gut, was in den Jahrhunderten an schlimmen Dingen geschehen ist, immer und immer wieder auch im Namen der Kirche. Aber ich sehe eben, in welchem Maße die christliche Religion unsere Gesellschaft, unsere Wertvorstellungen, unsere Sprache geprägt hat. Man kann Europas Geschichte nur verstehen, wenn man auch die christliche Geschichte kennt. Nur so werden die Zusammenhänge klar.
Und wenn wir wissen wollen, warum wir so sind, wie wir sind, dann kommen wir nicht umhin, uns damit zu befassen. Und das will ich meinen Kindern ermöglichen. Ich wünsche mir, dass sie lernen, dass Religion auch schöne Seiten haben kann. Dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir nicht erklären, nicht verstehen können. Und das es okay ist, das nicht zu verstehen. Dass Religion nicht nur Kriege auslöst. Sondern dass die eigentliche Botschaft doch die der Liebe ist. Auch wenn wir das immer wieder vergessen.
Und dass in uns allen immer die Frage nagt: Wo kommen wir her? Und wo gehen wir hin? Ich wünsche ihnen, dass sie gute Lehrer finden, die ihnen all das vermitteln. Die ihnen zeigen, dass in der Religion auch Kraft liegt. Für einen selbst und für andere.
Wenn sie alt genug sind, dann dürfen sie gerne entscheiden. Sie dürfen die Entscheidung, die ich nun für sie getroffen habe, gerne rückgängig machen. Sie dürfen mir sagen, dass es nicht die richtige Wahl war. Aber jetzt, für den Moment fühle ich, dass es in Ordnung ist, dass ich für sie entschieden habe.
EDIT Wir hatten einen ganz wunderbaren Tauftag. Einen tollen Gottesdienst, zwei lammfromme Kinder. „Unseren“ Pfarrer, der uns auch schon getraut hat. Und nun eben unsere beiden Kinder getauft. Ein schönes Fest mit der engen Familie und guten Freuden. Zwei wunderbare Taufpaten für den Baby-Bub. Gutes Essen. Entspannte Stimmung. Auch das ist der Sinn von Kirche. Zusammenkommen. Eine Gemeinschaft bilden. Die Familie ehren. Auch das vergessen wir allzu schnell.
4 comments
Einfach nur gut und schön. ..Das waren vor 38 Jahren meine sehr ähnlichen Gedanken. Meinen Baby Bub ließ ich taufen, er ließ sich konfirmieren und entschied dann zum erstmöglichen Termin aus dem Religionsunterricht auszutreten. O.k.
Liebe Ruth, ja irgendwann treffen sie dann ihre eigenen Entscheidungen … :-)
Ich sehe das sehr ähnlich. Ich werde mich übrigens (wenn alles läuft wie geplant) gemeinsam mit meinem Kind taufen lassen.
Wow toll! Ich wünsch euch ein schönes Fest :-)