Mit News zu meiner Schwangerschaft habe ich mich hier auf dem Blog bisher etwas zurückgehalten. Einerseits finde ich, dass es schon genug tolle Berichte rund um kugelige Bäuche gibt, da braucht man meinen nicht auch noch dazu. Andererseits ist so eine Schwangerschaft auch eine sehr private Sache, und die genieße ich ganz gerne auch mal eher im Stillen.
Aber ab und zu muss natürlich schon ein Schwangeren-Thema her – ich habe ja beispielsweise über meine Erfahrungen mit dem Ersttrimester-Screening oder meinen Status als „Ü35 Mama“ geschrieben. Themen, die durchaus ein wenig nachdenklicher sind, aber auch das gehört eben zum Schwangersein. Und wie wichtig gerade diese Themen sind, zeigt mir die Resonanz, die es auf die Texte gab.
Zeit also für ein Update – und wieder geht es um ein nicht besonders pflegeleichtes Thema. Manchmal steckt einfach der Wurm drin und ich habe fast das Gefühl, dieses Mal hab ich leider in allzu vielen Belangen einfach mal die nicht ganz so tolle Karte gezogen.
Aber jetzt mal der Reihe nach.
Muttermund, Gebärmutterhals und ein Trichter
Mittlerweile bin ich schon voll im dritten Trimester angekommen, offiziell sind es jetzt noch gute sechs Wochen mit zum Geburtstermin. Wer ab und zu auf meinem Instagram- oder Facebook-Profil vorbeischaut, hat vielleicht gesehen, dass die letzten zwei Wochen leider nicht so schön waren. Bei einer Kontrolluntersuchung bei meiner Gynäkologin kam heraus, dass mein Muttermund zu weich und der Gebärmutterhals leicht verkürzt war. Zudem hatte sich in der Gebärmutter ein „Trichter“ gebildet – von so etwas hatte ich selbst als zweifache Mama noch nie zuvor gehört. Ich lernte aber schnell, dass es genau dieser Trichter ist, vor dem sich alle fürchten. Zumindest in einem noch frühen Stadium der Schwangerschaft. Sprich, zu früh, um das Kind auf die Welt zu bringen.
Die konkrete Anweisung der Ärztin: Sofort hinlegen, sonst müssen Sie ins Krankenhaus. Aber mach das mal mit zwei kleinen Kindern! Zudem war die Kommunikation echt schwierig, weil irgendwie keine Zeit war, um das genau zu besprechen, zumindest stand ich ziemlich schnell wieder draußen mit nichts anderem als der Diagnose und einer ziemlich schlimmen Aussicht auf die folgenden Wochen im Kopf.
Ich war natürlich völlig von der Rolle, zumal ich direkt im Anschluss noch zu einem Termin in einer Diabetologie-Praxis musste – seit dem oralen Glukosetest in der 25. Woche Mitte September weiß ich nämlich zu allem Übel auch noch, dass ich Schwangerschaftsdiabetes habe. Und irgendwie war es fast klar, dass mir dort dann eröffnet wurde, dass ich leider ab sofort Insulin spritzen muss.
Der Horrortag meiner Schwangerschaft
In der Hall of Fame meiner persönlichen Horrortage belegt der 6. November 2017 nun wohl auf Lebenszeit einen der vordersten Plätze. Aber, was willst du machen? Du machst, was die Ärzte dir sagen. Also legte ich mich brav hin und rief erstmal meine Hebamme an. Ach, was würden wir nur ohne diese wunderbaren Frauen machen, die immer und überall für uns da sind. Die Ärztin hatte mich ja mit ein paar dürren Worten abgefertigt, die mehr Fragen hinterließen als sie beantworteten. Und die Hebamme machte alles möglich, um mich doch irgendwie zeitnah in ihren übervollen Terminplan hineinzuquetschen.
Da lag ich dann also zuhause und hatte zu viel Zeit, um blödes Zeug im Internet zu lesen. Du kannst es dir aussuchen … die Aussagen reichen von: Alles nicht so schlimm, das kann sich auch innerhalb kurzer Zeit wieder zurückbilden bis zu schlimmen Geschichten über Frühgeburten und schreckliche Wochen im Krankenhaus.
So viele Fragen und wenige Antworten
Es ist krass, wenn man sein Leben von jetzt auf sofort auf Null zurücksetzen muss. Ich traute mich ja auch nichts mehr, selbst wenn ich aufs Klo ging hatte ich ein schlechtes Gewissen. Darf ich das? Was, wenn jetzt Wehen kommen? Und was war eigentlich mit dem CTG, das bei dem Arzt-Termin geschrieben wurde – das wurde ja nie wieder erwähnt? Muss ich da jetzt nachfragen? Hätten sie nicht sowieso was gesagt?
Das Leben stand still. Meins. Das meiner Familie. Nichts tragen, klar. Aber natürlich auch kein Haushalt, nicht mal die Krümel unterm Tisch wegfegen. Wer bringt die Kinder in den Kindergarten? Wer holt sie ab? Einkaufen, mal schnell was besorgen, den Müll runterbringen – alles nicht möglich. Der 3. Geburtstag vom Bub ein paar Tage später – irgendwie sollte er doch stattfinden, nur wie? Und wie lange dauert das jetzt wohl? Bis zum Ende der Schwangerschaft womöglich? Und wann wird das sein? Morgen? In einer Woche? An Weihnachten?
Es ist wirklich schlimm: Jeder Pieks lässt dich aufschrecken – und wer schwanger ist oder war, der weiß: Gerade am Ende der Schwangerschaft piekst und ziept es sowieso überall.
Ein Hoch auf die Familie und die Freundschaft!
Ich habe in diesen schwierigen Tagen aber auch ganz Wunderbares erfahren: Freunde, die fragten, ob sie für mich was einkaufen sollen. Die mich besuchten. Die anriefen und mir Mut machten. Die ihre eigenen Kontakte anzapften, um professionellen Rat einzuholen von Gynäkologen und sonstigen Fachleuten. Und natürlich die Familie: Meine Eltern und Schwiegereltern, die sofort alles stehen und liegen ließen und die Kinder nahmen. Sie zu Verabredungen und Kindergeburtstagen brachten. Die alles möglich machten, damit ihr Alltag einigermaßen normal weiterlaufen konnte. Mein Mann, der eine unglaubliche Doppelbelastung stemmte. Eigentlich sogar eine Dreifach-Belastung, denn neben dem Job und dem Familien-Alltag bauen wir gerade auch noch ein Haus (dazu erzähle ich bei Gelegenheit mal mehr).
Wie ich da so lag, merkte ich auch, wie gut das mal tat. Ich durfte nicht mehr arbeiten, ich durfte auch sonst nichts machen. Normalerweise hätte mich das wahnsinnig gemacht, vor allem auch wegen des schlechten Gewissens. Aber weil ich wusste, dass es wichtig war, dass ich komplett runterfahre, habe ich sie einfach mal alle machen lassen. Und das geht! Eine erstaunliche Erkenntnis.
Es wird besser …
Aktuell ist es so, dass ich wieder ein wenig mehr darf. Als ich nach ein paar Tagen der Rumliegerei meinen Termin bei der Hebamme hatte, riet sie mir dazu, noch zu einem anderen Arzt zu gehen. Nicht, um auf Teufel komm raus jemanden zu finden, der mich wieder aufstehen lässt. Sondern weil ich mich so allein gelassen und schlecht betreut und beraten fühlte. Ich hab gezögert. Seit fast 10 Jahre habe ich meine Ärztin und war immer ganz gerne ihre Patientin.
Aber diese Schwangerschaft ist eben nicht ganz reibungslos und das hat unser Verhältnis empfindlich gestört, weil ein paar zwischenmenschliche Dinge passiert sind, die meiner Meinung nach nicht hätten passieren dürfen. Als ich mich zwei Tage später bei dem anderen Arzt auf den Stuhl setzte und erzählen wollte, warum ich da bin, brach ich erst einmal in Tränen aus. Es wurde trotzdem ein wirklich guter Termin. Weil ich Antworten bekam. Weil er ganz genau hinguckte und mir zumindest in Teilen etwas Entwarnung gab.
Jetzt sitze ich hier. Ich traue mich wieder zu sitzen und schreibe sogar wieder ein bisschen. Das tut unglaublich gut. Weil es gut tut, einfach mal alles festzuhalten.
Und weil man auch merkt: Hey, ich bin gar nicht alleine. Es gibt so viele Frauen, denen es teilweise noch viel schlimmer geht. Man macht sich darüber nicht so sehr einen Kopf, wenn alles gut läuft. Aber wenn’s mal quietscht im Getriebe, dann braucht man genau das: Austausch und Ehrlichkeit.
Die besten Strategien, um nicht verrückt zu werden
Ich hatte jetzt viel Zeit, mich mit Strategien zu beschäftigen, wie man eine solche erzwungene Liegezeit während der Schwangerschaft überstehen kann. Ohne auszuflippen. Meine Top 5 habe ich hier einmal zusammengefasst:
Drüber reden
Es ist unglaublich wichtig, offen und ehrlich zu sein. Zur Familie, zu den Freunden. Dir geht es schlecht? Sag es! Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, wie sonst üblich die Zähne zusammen zu beißen. Eine gute Freundin schrieb mir: „Wenn du heulen willst, dann tu es doch einfach. Das tut manchmal unheimlich gut und du brauchst das vielleicht jetzt einfach, um Stress abzubauen.“ Sie hat so recht.
Sich vernetzen
Die nächste Stufe: Auch mit „fremden“ Menschen kann man sich vernetzen und austauschen. Ich bin beispielsweise Mitglied in einer sehr netten Facebook-Gruppe von Münchner Schwangeren und Neu-Mamas und wir tauschen uns über alles aus, was uns gerade beschäftigt und auch bedrückt. Und auch das Feedback, das ich über die sozialen Kanäle erhalten habe, war so tröstlich. Auch wenn wir uns oft nicht persönlich kennen – die Anteilnahme berührt einen trotzdem. Und es ist eben auch eine Form des „Drüber Redens“.
Hilfe zulassen
Als Frau und Mama ist das nicht immer einfach. Man ist es gewohnt, alles zu wuppen. Mal schnell hier gewischt, mal fix da ein Kind gefüttert. Termine, Deadlines, noch ein zusätzliches Projekt geht schon noch, Alltag, Kinder, die Familie, Essen machen, Wäsche waschen, Freizeit-Orga, Playdates, langsam mal für Weihnachten planen, Anfragen beantworten, Kooperationen für den Blog aushandeln, Netzwerke pflegen, Sport machen und idealerweise auch die Schwangerschaft noch ein bisschen genießen …
Alles WEG. Erstmal. Geht nicht mehr. Das muss man kapieren. Und man muss sich zwingen, die Füße still zu halten, wenn man auf dem Sofa liegt und der Mann derweil das Zimmer saugt. Ich bin ein Fan davon, auf Dienstleistungen zurückzugreifen, weil ich weiß, dass Babysitter & Co mir das Leben einfacher machen. Es ist ein Segen, wenn dieses Netzwerk schon vorhanden ist und man einfach auf die Kontakte zurückgreifen kann.
Ansonsten kann ich jedem nur raten, sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen – man hat in Fällen wie meinem nämlich Anspruch auf eine Haushaltshilfe – das kann auch jemand sein, der bisher schon da war (Babysitter, Putzfee), nur direkt verwandt darf man nicht sein (zumindest nicht bei meiner Krankenkasse). Die Kosten werden dann (anteilig) übernommen, man benötigt aber ein Attest vom Arzt (das Formular gibt es von der Kasse).
Einen guten Streamingdienst abonnieren
Ich habe in den letzten zwei Wochen so viel ferngesehen wie seit Jahren nicht mehr. Allerdings nicht analog. Streamingdienste sind perfekt, vor allem weil man sie auch auf dem iPad im Bett abspielen kann. Ich habe jetzt die komplette erste Staffel von Designated Survivor auf Netflix durch (meine aktuelle Neuentdeckung, nicht immer ganz logisch und ab und zu auch etwas zu patriotisch-amerikanisch, aber spannend), habe mir nochmal Jerks auf maxdome angeschaut (eine unglaublich lustige Serie mit Christian Ullmen – absolute Empfehlung) und die kompletten Blind Auditions der aktuellen Staffel von The Voice of Germany durchgeguckt. Nächstes Projekt: Babylon Berlin auf Sky.
Ich wünschte nur, ich hätte auch noch mehr gelesen, aber das kommt vielleicht ja noch :) Irgendwie stand mir der Sinn eher nach schneller und einfacher TV-Kost. Muss auch mal sein.
Wenn es unerträglich wird: Nachfragen und fachliche Hilfe holen
Ein Arzt sagt das eine, der andere was anderes. So ist es leider manchmal. Ich habe einige Tage und den Stupser der Hebamme gebaucht, um zu erkennen, dass ich da tatsächlich was tun muss. Mit hat es unglaublich geholfen, nochmal jemand anderen zu hören. Anderen Frauen tut es vielleicht gut, einfach mal ins Krankenhaus zu fahren, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Hört auf euren Bauch! Und in diesem Zusammenhang sage ich es noch einmal ganz deutlich: OHNE HEBAMMEN WÄREN WIR ALLE AUFGESCHMISSEN.
Denn sie sind es, die immer erreichbar sind und uns am Telefon erstmal trösten. Sie sind es, die uns eine Stunde lang zuhören und uns nicht nach 5 Minuten mit einer schlimmen Diagnose einfach hinaus komplimentieren. Sie sind es, die ihre Kontakte einsetzen, um uns schneller einen Termin bei einem anderen Arzt oder in einer Klinik zu verschaffen. Sie sind es, die „schnell mal“ aus der Reihe einen Vorsorgetermin einschieben, damit man ein CTG machen kann, um die innere Unruhe zu besiegen.
Meine Wünsche für die letzten Wochen der Schwangerschaft
Aktuell fühle ich mich besser. Ich mache viele kleine Schritte, aber ich merke auch, wie sehr mich die letzten zwei Wochen verunsichert haben. Mein Vertrauen in mich und meinen Körper hat gelitten. Das ist das Schlimmste. Nach wie vor zucke ich bei jedem Piekser zusammen. Das alles nimmt mich echt mit. Ich freue mich so sehr auf mein Baby, aber gleichzeitig bin ich so traurig, weil uns die letzten unbeschwerten Wochen der Schwangerschaft irgendwie geraubt wurden.
Mein größter Wunsch für die Adventszeit ist deshalb, dass sich alles wieder beruhigt. Dass ich ein schönes Weihnachtsfest mit meiner Familie feiern kann, das dann hoffentlich wieder unbeschwerter ist.
Und dass ich dann, irgendwann um den Jahreswechsel herum, diesen kleinen Bauchbewohner gesund und munter in den Armen halten darf. Denn wenn diese letzten zwei Wochen eines geweckt haben, dann ist es das Gefühl, dass wir beide jetzt schon ein ganz schön starkes Team sind. In guten Zeiten. Und auch in den nicht ganz so guten.
Foto: Suhyeon Choi/Unsplash