Vor einiger Zeit schrieb ich ja über die Liebe und was ein Kind aus unseren Beziehungen macht. Irgendwie lässt mich dieses Thema nicht los. Vermutlich weil es einfach so allgegenwärtig ist. Es begegnet mir ständig. In meinem eigenen Alltag, im Gespräch mit anderen. Nun habe ich noch einen sehr schönen Link dazu gefunden, der ist schon ein paar Jahre alt, aber immer noch aktuell, eine Geschichte über ein Paar mit kleinem Kind in der Krise, erschienen im SZ-Magazin.
Wenn ich das lese, dann schüttelt es mich. So viele Missverständnisse, so wenig Kommunikation. Man könnte meinen, es sei alles so einfach. Warum reden die nicht miteinander? Jeder, der diese Situationen kennt, weiß wohl, dass es eben nicht einfach ist. Weil man, selbst wenn man miteinander redet, viel zu oft aneinander vorbeiredet. Weil sich die Emotionen viel zu oft irgendwo anstauen und sich dann im falschen Moment die Bahn brechen. Ja, ich kenne das. Eben war noch alles gut, es fällt ein falsches Wort, ein Gegenwort, Sätze, die verletzen, absichtlich oder nicht. Die sich einbrennen in die Seele, und dort verharren, bis sie wieder herauskatapultiert werden, beim nächsten Konflikt. Es sind diese toxischen kleinen Spitzen, die uns verfolgen und die es uns immer schwerer machen, beim nächsten Mal einfach die Ruhe zu bewahren.
Und immer wieder diese überholten Rollenmuster! Mann, Frau, Familie, Ehe, Kinder … offiziell haben wir ja viel erreicht in den letzten Jahrzehnten. Und in Wahrheit? Ist es nicht immer noch so, dass wir uns ganz gemütlich einrichten in unserer behaglichen Familienwelt … in der Mann arbeitet, Frau auch, aber natürlich in Maßen, denn ein Fulltime-Job UND Kinder, das geht halt so schlecht. Oder sagen wir: Es ginge schon, aber wir sind nicht bereit, die Konsequenzen zu tragen. Die beinhalten, dass wir unsere Kinder täglich nur kurz sehen, morgens beim hektischen Aufbruch in den Tag und abends beim „Cool Down“ davon, schnell Abendessen machen, Badewanne, Bett. Warum sollten wir uns auch ohne Not in diese Mühle begeben? Warum, wenn es auch anders geht? Zeit für die Kinder haben, ein bisschen arbeiten, das Geld reicht aus, man hat alles was man möchte. Warum also sollte man daran etwas ändern?
Ich bin glücklich, so wie es ist. Klar. Aber manchmal, da scheint es durch, wie fragil dieses Glück ist. „Du musst es ja nicht bezahlen“, sagt mein Mann zu mir, als wir recht kontrovers über eine Investition sprechen, die gerade aktuell ist. Und mich trifft das unwahrscheinlich. Ich bin traurig, wütend, fassungslos. Er kann meine Reaktion überhaupt nicht verstehen (ja, da ist sie wieder: die Misskommunikation!) Ja, warum reagiere ich so? Weil ich natürlich mein Bestes gebe, um zum Familienleben beizusteuern. Weil es aber auch schwierig ist, alles unter einen Hut zu bekommen.
Ich verdiene weniger als zu unseren DINK-Zeiten, logisch. Mit Texten und freier Redaktionsarbeit häuft man in der Regel keine Reichtümer an. Aber ich mache doch noch viel mehr. Schmeiße den Haushalt. Bespaße die Kleine. Bringe sie in die Kita. Gehe mit ihr auf den Spielplatz. Halte meinem Mann den Rücken frei, damit er seinem Job nachgehen kann, Überstunden schieben kann, wenn es sein muss. Ich bin immer für die Familie da, wenn es sein muss 24/7.
Natürlich habe ich Freiheiten, die ich mit einem regulären Büroalltag niemals hätte. Wenn ich mag, kann ich mich zum Kaffetrinken verabreden, bis ich einen Koffeinschock erleide. Ich kann nachmittags zur Pediküre gehen oder zur Thai-Massage-Bude ums Eck. Ich kann so eine richtig fiese Latte-Machiatto-Mutti sein, wie sie im Bilderbuch steht und, zu recht vielleicht, von vielen mit gerümpfter Nase betrachtet wird. Ich habe so viele Privilegien, von denen andere Mütter nur träumen können.
Und gerade deswegen tut es weh, wenn man merkt, wie sehr man das Klischee erfüllt. Und wie sehr man das alte Rollenmuster aufrecht erhält. Offiziell bin ich unabhängig. Ich habe mein eigenes kleine Unternehmen gegründet, ich tue das, was mir schon immer am meisten Spaß gemacht hat, und darf das meinen Beruf nennen. Aber, wenn ich ehrlich bin, ohne meinen Mann könnte ich das alles nicht. Ich bin so was von abhängig. Und ja, er hat recht! Ich kann nicht mal einfach so eine größere Summe abzweigen, weil ich sie nicht habe. Und natürlich bezahlt er das dann. Wenn ich im Bioladen einkaufe, der die reinste Apotheke ist, dann bezahle ich mit „unserem“ Geld, das aber in Wahrheit seines ist.
Sicher, ich kann die Taktzahl erhöhen, mir mehr Kunden suchen, meinen Honorarsatz erhöhen. Das braucht Zeit und vielleicht wird es eines Tages so sein. Jetzt gerade aber bin ich diejenige, die sich jeden Tag ein bisschen in die Tasche lügt. Ich liebe es, dieses Blog zu betreiben, für das ich alleine verantwortlich bin, mein Baby. Aber natürlich verdiene ich damit keinen Cent. Und damit bin ich auch nicht viel anders als die Frauen, denen man hier in München des öfteren begegnet … bewaffnet mit den Kreditkarten ihrer Männer beim Shoppen, im Spa beim Wellness oder beim Sport, wo auch immer. Die von Beruf Ehefrau sind. Ich bin das auch, eben im Kleinen mit beschränkterem Budget (und die Kreditkarte meines Mannes bekomme ich auch nicht :-)). Diese Erkenntnis ist ziemlich schmerzhaft.
Was also tun? Wie komme ich raus aus der Falle? Wieder zurück ins Büro? Die Kleine länger in die Kita geben, damit ich mehr arbeiten kann? Ich weiß es nicht. Und wenn ich es wüsste, dann hätte ich mit einem Schlag vermutlich viele der Probleme gelöst, die es rund um das Familienleben gibt in diesem Land. In der Wochenende-Beilage der SZ war vor einigen Wochen ein bemerkenswerter Artikel von Heribert Prantl zu lesen, es ging darum, wie sehr sich das Gebilde „Familie“ verändert hat und wie wenig die Politik sich traut, dieser Veränderung Rechnung zu tragen. Ich erlebe das nun also in meinem kleinen, privaten Rahmen, wie eingesperrt ich dadurch immer noch bin, dass viel zu vieles in der Familienpolitik immer noch in den 50er Jahren kleben geblieben ist.
Und ich versuche das Beste daraus zu machen. Indem ich einfach „Ich“ bleibe. Denn Zweifel hin oder her: Ist es nicht das Wichtigste, dass wir uns selbst treu bleiben und darauf vertrauen, was wir können. Als Frauen, als Mütter, als Mitarbeiterinnen. Wir sind etwas WERT. Und das müssen wir uns jeden Tag aufs Neue sagen. Damit wir an uns selber glauben und dieses unsägliche Rollenklischee nicht auch noch gedanklich weiter unterstützen und in die Welt hinaus tragen.
2 comments
Kann man „Fallen“ nicht auch annehmen und sogar einfach satt genießen, vor allem nachdem man mal wieder eine erfrischende Auszeit sich genommen hat.
Ja kann man! :-)