Die Journalistin Bettina Wündrich, Jahrgang 1960, war stellvertretende Chefredakteurin bei Elle, Chefredakteurin bei Vogue Businnes, bei Glamour und emotion. Und sie hat ein Buch geschrieben über das Leben berufstätiger Frauen. Wündrich, selbst kinderlos, beschäftigt sich darin mit den Fragen, die zwangsläufig auf dem Tisch liegen, wenn man sich des Themas annimmt: Kinder und Karriere natürlich oder das Geschlechterverhältnis im Job.
Das macht die studierte Soziologin sehr gut, denn sie reichert diese offensichtlichen Themen immer wieder mit persönlichen Geschichten und Erlebnissen an und lässt Frauen unterschiedlicher Couleur in Zitaten zu Wort kommen. Sie berichten vom Leben als Führungskraft unter Männern, von der Schwierigkeit, einen Teilzeitjob mit der Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen oder von den Startschwierigkeiten nach der Babypause.
Die Themen sind natürlich nicht neu. Vieles ist schon hundert Mal gesagt worden. Der Pluspunkt an Bettina Wündrichs Buch ist ihr flotter Schreibstil, man merkt jeder Zeile die Erfahrung der Autorin im Frauenmagazin-Journalismus an. Schnörkellos führt sie durch ihre Themen, man liest sich fest, springt auch mal von einem Kapitel zum nächsten, die Themen stehen oftmals auch für sich. Das hat aber andererseits zur Folge, dass man sich nicht konsequent durch das Buch durcharbeitet; am Ende des Buches hat man gar den Eindruck, alles schon einmal gelesen zu haben. Und tatsächlich, das Buch beginnt mit der Frage, ob man mit Kindern Karriere machen kann („Erfolgreich, einsam., kinderlos: Der schlechte Ruf der Karrierefrau“) und endet im letzten Kapitel auch wieder damit („Karrierekiller Teilzeit“). Die Perspektive der Autorin ist klar definiert: Die der kinderlosen Karrierefrau. Diese kann sie auch nicht wirklich ablegen, auch wenn sie sich bemüht, viele unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen.
Und, das muss man sich vor Augen halten, die Frauen, die sie anspricht, gehören einer ganz bestimmten Schicht an. Es sind Geschäftsführerinnen und Teamleiterinnen, die zu Wort kommen, Redakteurinnen und PR-Beraterinnen. Verkäuferinnen oder Friseurinnen sucht man vergeblich. Das kann man als Manko des Buches sehen. Zumal der Titel des Buches von „berufstätigen Frauen“ ganz allgemein spricht. Man kann es aber auch als gute Entscheidung ansehen, das Buch nicht zu sehr zu überfrachten und sich auf einen ganz bestimmte Jobwelt zu konzentrieren, eben diejenige zu der Wündrich den direkten Zugang hat, und in der auch sie ihre beruflichen Erfahrungen gesammelt hat. Der Klappentext verspricht, das Buch sei ein „Plädoyer für persönliche und ökonomische Unabhängigkeit“. Nicht für oder gegen Kinder solle man sich entscheiden, sondern sich als Frau bewusst werden, dass Berufstätigkeit wichtig ist, um das eigene Leben abzusichern und unabhängiger von den Männern zu machen.
Was bleibt also hängen von etwas mehr als 200 Seiten Buch? Dass es immer noch nicht einfach ist, Beruf und Familie miteinander zu verbinden. Dass Männer Karriere machen wollen. Dass es kinderlose Singlefrauen ab einem gewissen Altern und einer gewissen beruflichen Position schwer haben. Dass Teilzeitarbeit der Altersarmut von Frauen in die Hände spielt. Dass die jungen Frauen der Generation plus/minus 30 zwar theoretisch alle Wahlmöglichkeiten haben. Dass sie es aber gerade deswegen ungemein schwerer haben, ihren Weg zu finden und zu gehen.
Antworten sollte man sich keine erwarten, denn die kann dieses Buch nicht geben. Will es auch gar nicht. Es ist eine leichte Lektüre für alle, die sich mit dem Thema auseinander setzen wollen, weil sie in genau der Situation sind: als Mutter, als Singlefrau, berufstätig oder nicht, jobsuchend oder als Workaholic, in Führungsposition oder als Teilzeitbeschäftigte.
Am Ende bleibt aber trotzdem irgendwie das Gefühl, dass man in einen scheinbar saftigen Kuchen gebissen hat, bei dem der Teig aber irgendwie ganz schön trocken und bröselig war.
Bettina Wündrich: Einsame Spitze? Warum berufstätige Frauen glücklicher sind. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hambug, 1. Auflage, Juli 2011.