Gestern erschien in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mal wieder ein Artikel zum Thema Kind und Karriere. Wen wundert es, war ja auch Muttertag und da passt das Thema natürlich. Ist ja derzeit auch eines meiner Lieblingsthemen. Denn so langsam wird die Frage, wo Teresa ab dem Herbst betreut wird, akuter. Die städtischen Krippen haben schon eine Absage geschickt, die tolle Krippe ums Eck, die von einem anderen Träger unterhalten wird, auch. Tagesmütter sind voll oder wissen noch nicht, ob sie zusätzliche Plätze bekommen und/oder ob die aktuellen Kinder einen Kindergartenplatz bekommen. Das Ende der Elternzeit erscheint noch lange, aber die Monate seit Teresas Geburt haben mich gelehrt, dass nichts schneller vergeht als die Zeit mit einem Baby.
Nun also sauge ich solche Artikel wie den von Julia Schaaf auf wie der Münchner im Sommer sein Weißbier im Biergarten. Unter dem Titel „Die Vereinbarkeitslüge“ schreibt die Autorin sehr treffend darüber, wie schlecht vereinbar in Deutschland immer noch Berufsleben und Kinder sind. Und dass das ihrer Meinung vor allem am falschen Zeitmanagement liegt, das einem aufgedrückt wird. Ich unterschreibe das alles. Sofort.
Ich habe das hier ja schon einmal zum Ausdruck gebracht: Auch ich bin der festen Überzeugung, dass wir neue Arbeitszeitmodelle brauchen. Eben nicht die Version, in der Mama zwei Tage die Woche für jeweils vier Stunden als bessere Aushilfe arbeitet, sondern ein wirklich flexibles System, in dem Frauen UND Männer gleichsam ihre Arbeitszeit neu gestalten. Schaaf schreibt „Unsere Männer arbeiten Vollzeit, Ausnahmen betreffen sechs Prozent. Wir Mütter übernehmen den Rest.“ Die Lösung? Hat sie auch parat: „Ideal wäre eine Umverteilung innerhalb der Familie: Papas Vollzeitjob plus Mamas Halbzeitstelle geteilt durch zwei. Macht dreißig Stunden für jeden“. Wie das funktionieren kann, habe ich vergangene Woche bei unserem Trip nach Oslo gesehen: Um 16 Uhr kamen alle aus ihren Büros heraus. Feierabendverkehr war schon nachmittags um drei. Danach ist Familienzeit. Für beide Elternteile.
Natürlich ist Skandinavien Skandinavien und mit acht Millionen Einwohnern lässt sich vieles einfacher regeln als mit 80 Millionen. Klar. Aber ist es so abwegig darüber nachzudenken, ob wir wirklich Tag für Tag bis spät arbeiten müssen? Ist derjenige ein besserer Mitarbeiter, der als Letzter das Licht ausmacht? Müssen wir hunderte Überstunden machen, um unser Geld wert zu sein? Das ist doch genau das Dilemma, in dem viele Frauen stecken: Ihnen bleibt gar nichts anderes übrig, als sich mit Teilzeitstellen zufrieden zu geben, denn selbst wenn die Krippe noch so tolle Öffnungszeiten hat, dann stellt sich doch immer die Frage: Will ich mein Kind acht, neun, zehn Stunden am Tag von jemand anderem betreuen lassen? Bin ich Mutter geworden, um mein Kind nur am Wochenende wach zu erleben?
Die Unternehmenskultur, die ich kenne, steht dem Wunsch, den Berufsalltag flexibel zu gestalten, noch recht skeptisch gegenüber. Meetings werden wie selbstverständlich für 17:30 Uhr angesetzt. Wer abends pünktlich geht, wird schräg angeschaut oder gefragt, ob er einen Arzttermin hat. Und Mütter sind per se suspekte Wesen, weil sie immer den Unsicherheitsfaktor Kind im Rücken haben. Das Kind, das krank wird. Das Kind, das sich Zeit mit seinen Eltern wünscht, weswegen den Müttern doch gar nichts anderes übrig bleibt, als ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
Die schon oft zitierten „neuen Väter“ sind natürlich sehr viel moderner geworden. Sie wickeln ohne Murren, spielen mit den Kindern bis zum Umfallen, nehmen die obligatorischen zwei Monate Elternzeit (und genießen es sehr). Aber bereit zur wirklichen Umverteilung sind sie nicht. So lange alles im Rahmen bleibt, ist es gut. Deshalb braucht es Anreize! Von mutigen Unternehmen und Politikern(innen), die nicht immer alles schön reden, sondern sich den Realitäten stellen. Dass wir mehr Kinder in diesem Land brauchen, ist eine Realität. Dass dafür etwas getan werden muss, auch. Nur keiner weiß wie. Wie wäre es denn damit, einfach einmal den Mut für Neues zu fördern und jungen Menschen die Verkrampftheit zu nehmen, die dem Thema Kinder anhängt? Eine neue Arbeits- und Familienkultur zu entwickeln braucht Zeit und sicherlich eine große Portion Idealismus. Nicht nur bei den Frauen. Bei den Männern auch. Gerade bei denen.