Wir machen gerade Ferien auf dem Bauernhof in den oberbayrischen Bergen. Quasi direkt vor der Haustür und dennoch weit genug weg, um das Ganze auch wirklich „Urlaub“ zu nennen. Vor meinem inneren Auge sah das alles so aus: Bergtouren zu wunderbaren Almen, Baden im See, Schiffstouren und Biergarten-Besuche, Wasserfall-Wanderungen mit Sprung in herrlich klare Gumpen, überbordende Bauerngärten in voller Blüte, der Geruch von Heu und Wiese in der Nase, Herumtollen im Freien, bis alle übermüdet zusammenklappen.
Dann kam der Sommer 2014 und mit ihm die Erkenntnis, dass wir leider Gottes manchmal doch in der falschen Ecke wohnen. Zumindest in diesem Jahr meint es Petrus mit Bayerns Süden nämlich ganz übel. Aber wir haben schon im Januar diese zwei Wochen Bauernhofurlaub gebucht, woher soll man das zu dem Zeitpunkt auch wissen. (Fürs Protokoll: Damals war es viel zu warm und zu sonnig und alle warteten sehnsüchtig auf Schnee. Der übrigens niemals kam, zumindest nicht im Winter.)
So also sieht die aktuelle Realität aus: Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen checkt das Ausmaß des Regens. Ist es nur ein leichter Schauer? Schnürlregen (bezeichnet in Bayern gemeinhin den länger andauernden Landregen, bei dem es einfach stundenlang regnet – und zwar Wassertropfen wie Schnüre eben)? Oder ein richtig fieser Platschregen, der alles durchweicht, was ihm in den Weg kommt?
Baden geht nur im Hallenbad (mit gefühlt 2.000 anderen Badegästen). Wir tragen Strumpfhose und Mütze statt Sommerkleidchen. Almwanderungen sind gestrichen, denn was will man dort auch machen außer in der Nebelsuppe herumstochern. Und anstatt tolle Ausflüge zu unternehmen heißt es drin rumzusitzen, in den Regen zu starren, Bilderbücher anzuschauen bis zum Erbrechen, Lego Duplo in Dauerschleife zu spielen und einmal pro Stunde den Wetterbericht zu checken. Könnte sich ja zufällig mal was ändern am Wetter. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Es gibt ja wenig, was so beständig unbeständig ist wie das Wetter. Im Urlaub ist das natürlich besonders ärgerlich, vor allem wenn man Kinder hat, die einfach raus müssen und denen es herzlich egal ist, ob es regnet, schneit oder ob es sommerliche 28 Grad hat. Pfützen sind doch sowieso viel interessanter als alles andere. Und wie wunderbar kann es sein, eine halbe Stunde lang regungslos eine Schnecke zu beobachten! Und wie ich da so stehe, mit einer kalten Nasenspitze und klammen Fingern und mir einfach nur mal einen – bitte bitte bitte einfach nur mal EINEN EINZIGEN ganz normalen Sommertag wünsche – schaue ich mein Kind an, wie es über die regennasse Wiese tollt und vor Freude jauchzt. Ja, sie haben recht, die Kinder. Es ist doch total egal, wie das Wetter ist. Nörgeln ist keine Option. Hinnehmen und trotzdem genießen. Das ist es.
Und wie ich da so stehe und in mich hineinlächle, blinzelt die Sonne ganz zaghaft zwischen den dicken Wolken hervor. Wolkenfetzen hängen an den Berghängen, der Wald dampft aus allen Poren. Die Kühe malmen stoisch vor sich hin, die Schwalben sausen im Tiefflug über die Weide. Bald sind sie weg, der Herbst steht vor der Tür. Kalt ist es noch immer. Aber auch das wird sich wieder ändern – spätestens an Weihnachten, wenn alle den Schnee herbeisehnen, der doch nie kommt, die Biergärten außerplanmäßig öffnen und das ganze Land darüber stöhnt, wie ungerecht doch immer wieder das Wetter ist.
Unser Urlaub dauert noch ein paar Tage. Der Wetterbericht erzählt seit Tagen davon, dass nun endlich, endlich der Spätsommer kommen wird. Ob das wieder eine Falschmeldung ist? Ist mir grade so was von egal. Ich bin damit beschäftigt, mit meiner Tochter durch die Pfützen zu springen.
Und so schaut er aus, der momentane Frühherbst-Blues …
2 comments
Unglaublich aber wahr: Gestern und heute (naja, bis zum Gewitter um 15 Uhr …) schien die Sonne!! Und als dann der Regen vorbei war, hat sie nochmal kurz vorbei geblinzelt: Aus den Wiesn hat es richtig gedampft und die Wolkenfetzen haben sich an den Bergen entlang gehangelt … das war richtig schön … :-)
Boah, ich kann dir so nachfühlen! Wie anders habe ich mir diesen Bergsommer ausgemalt… und meiner Maus fehlt die Sonne auch sehr.